Armin Laschet ist fast allein im Berliner Konrad-Adenauer-Haus an diesem Montag. Der Generalsekretär Paul Ziemiak ist noch da, die Mitarbeiter sind es natürlich auch. Die anderen führenden Christdemokraten, mit denen Lehren aus dem großen CDU-Debakel vom Vorabend gezogen werden sollen, sind digital zugeschaltet. So ist das in Coronazeiten, und trotzdem wird Laschet gleich zu Beginn seines ersten Auftritts nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit der Frage konfrontiert, ob er zu wenig präsent gewesen sei in den vergangenen Wochen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident verneint sie genauso wie jene, ob er sein Amt in Düsseldorf niederlege, um sich in Berlin ganz der Führung einer verunsicherten Partei zu widmen.
Überhaupt will sich der neue Vorsitzende, noch nicht einmal 60 Tage im Amt, nun ganz offensichtlich nicht verrückt machen lassen. Weder will er den Termin für die Klärung der Kanzlerkandidatur bei den deutschen Bundestagswahlen im September vorziehen, um die offene Führungsfrage in der Union zu beantworten – es bleibt beim leicht undurchsichtigen Zeitfenster zwischen Ostern und Pfingsten. Noch möchte Laschet als Chef der größten Regierungspartei Kanzlerin Angela Merkel zum Umbau ihres zuletzt arg in die Kritik geratenen Coronakabinetts drängen: „Eine Kabinettsumbildung ist nicht erforderlich.“ Als unnötig empfindet er es auch, jetzt ein Kompetenzteam oder ein Schattenkabinett aufzustellen, um die personellen Alternativen der Union nach Ende der Merkel-Zeit schon mal ins Schaufenster zu stellen.
Gegensätzliches in München
Sicher tut sich da nicht ganz zufällig ein Gegensatz zu dem auf, was der Vorsitzende der Schwesterpartei wenige Stunden zuvor in München gesagt hatte. Markus Söder verlangte eine „breitere und frischere“ Aufstellung der Union für die Bundestagswahl.Die Regierung in Berlin müsse „neu durchstarten.“ Während sich Laschet von den Ergebnissen in Stuttgart und Mainz „enttäuscht“ zeigte, sprach Bayerns Ministerpräsident von einem „Schlag ins Herz der Union“. Wie andere bezeichnete er die Wahlen als „Weckruf“.
Den will auch Armin Laschet gehört haben. „Es ist nicht gottgegeben, dass wir den Bundeskanzler stellen“, hat er Teilnehmern zufolge in der Sitzung des Bundesvorstands gesagt: „Wir müssen kämpfen.“ In der anschließenden Pressekonferenz gibt er das Ziel aus, dass nach der Bundestagswahl nicht gegen die Union Mehrheiten gebildet werden können: „Wir müssen so stark sein, dass wir auf die nächste Regierung Einfluss haben.“ Weil genau das in den ehemaligen Hochburgen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht mehr der Fall ist, beschreiben Teilnehmer die Stimmung in den Gremiensitzungen der Partei als „bedrückend“.
Attacke gegen die SPD
Dem Stimmungstief setzt Laschet eine Attacke auf den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz entgegen – es gehe nicht an, dass nicht themenzuständige Minister den CDU-Kollegen ins Handwerk pfuschten oder sie öffentlich kritisierten – intern hatte es zuvor Kritik daran gegeben, dass sich die Parteiführung nicht schützend vor Jens Spahn oder Peter Altmaier gestellt hätten. Und es fehlt auch nicht der Hinweis, dass andere Parteien in Sachen Lobbytransparenz ebenfalls unerledigte Fälle hätten. Möglichen Weiterungen des eigenen Maskenskandals soll mit einem parteiinternen Verhaltenskodex das Wasser abgegraben werden.
Vor allem aber soll Laschet zufolge nun „mehr Dynamik und Tempo“ in die inhaltliche Vorbereitung der Bundestagswahl kommen: „Die CDU muss jetzt klar sagen, wohin sie will.“ Das Wahlprogramm für das angebrochene „Modernisierungsjahrzehnt“ soll unter Beteiligung der gesamten Partei stattfinden. Den Auftakt dafür bilden Ende des Monats Konferenzen mit Kreisvorsitzenden und ostdeutschen Landesverbänden – dies im Hinblick auf die Wahl in Sachsen-Anhalt Anfang Juni.
Laschet spricht davon, dass er bis zur Bundestagswahl NRW-Ministerpräsident bleiben will. Unausgesprochen macht das seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur deutlich. Intern habe er klargemacht, die Frage mit Söder eher um Ostern denn um Pfingsten herum klären zu wollen.