Seit mehr als einem halben Jahr wurde darüber spekuliert, nun ist es fix: Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) verlässt Wien und soll seinen neuen Standort in Genf aufschlagen. Auch die Stadt in der französischsprachigen Schweiz beherbergt wie die österreichische Hauptstadt einen der vier offiziellen Amtssitze der Vereinten Nationen. „Verhandlungen mit potenziellen neuen Gastgeberländern, die Interesse daran zeigen, dem KAICIID als neuer Sitzstaat zu dienen, sind im Gange“, sagte Generaldirektor Faisal Bin Muaammar, als er den Abzug aus Wien bekannt gab. Die Vertragsparteien hätten einstimmig diesen Schritt beschlossen, über den die Kleine Zeitung bereits im Juni als interne Erwägung berichtete.

Außenminister Alexander Schallenberg dankte für „die sehr gute Gesprächsbasis, die mit allen Vertragsparteien diesbezüglich besteht, insbesondere auch mit Saudi-Arabien“. Ziel sei es nun, dass der Standortwechsel reibungslos und geordnet über die Bühne gehe. „Österreich ist und bleibt weiter ein verlässlicher Partner als Amtssitz und als Ort des Dialogs.“ Der Koalitionspartner formuliert es freilich schärfer: „KAICIID zieht endlich aus Wien ab“, heißt es von der außenpolitischen Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic.

Saudische Führungsrolle

Saudi-Arabien, Österreich, Spanien und der Vatikan hatten die Organisation vor neun Jahren gegründet, der Heilige Stuhl in Rom nahm dabei die Rolle des Beobachters ein. Finanziert wurde das Zentrum hauptsächlich mit Mitteln der saudischen Regierung – zu Beginn immerhin 15 Millionen Euro im Jahr. Benannt wurde das Dialogforum nach dem 2015 verstorbenen saudischen König Abdullah bin Abdulaziz, dem Ideengeber.

Bereits 2019 sprach sich der Nationalrat in einer rechtlich nicht bindenden Entschließung mehrheitlich für einen Ausstieg aus der Partnerschaft aus. Hintergrund waren die ständigen Anfeindungen gegen das saudi-finanzierte Zentrum im Zusammenhang mit dem brutalen Vorgehen des Regimes in Riad gegen Regierungskritiker. Massiv wurden die Proteste 2015 nach der öffentlichen Folter des zu 1000 Peitschenhieben verurteilten saudischen Bloggers Raif Badawi. In dieser Zeit begann auch Sebastian Kurz sich – damals noch als Außenminister – vom Dialogzentrum zu distanzieren. Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner trat in der Folge von ihrem Posten als Vizegeneralsekretärin zurück. Beide ÖVP-Politiker warfen dem KAICIID vor, zu den saudischen Menschenrechtsverletzungen zu schweigen, gleichzeitig aber von Riad finanziert zu werden. SPÖ, FPÖ und Grüne forderten die Schließung, Kurz versprach eine Reform. Doch die Akzeptanz in Wien blieb minimal, trotz einiger Reformversuche. Noch 2019 startet das am Schottenring beheimatete Zentrum eine zweitägige Konferenz zu Hass-Reden.

Begründetes Schweigen

Die Institution verteidigte ihr Schweigen immer mit ihrer Satzung. Das KAICIID sieht sich in seiner Funktion vergleichbar mit der Weltbank oder der Atomenergiebehörde. Als UN-zuarbeitende, weltweit von Konfliktparteien akzeptierte Organisation, die im Konfliktfall vermittelt. Dazu greift sie in die innerstaatliche Politik nicht ein und überlässt die Verurteilung der UN-Vollversammlung, dem Weltsicherheitsrat oder dem UN-Generalsekretär. So formulierte es jedenfalls Peter Kaiser, Kommunikationschef des Hauses, einmal beim Besuch der Kleinen Zeitung. Er beklagte, alle redeten nur über das Saudi-Zentrum, aber nur wenige mit ihm. Auch die mehrmaligen Reformen haben offenbar den Dialog mit dem Dialogzentrum nicht verbessert.