Sein oder Nichtsein, darum geht es für den italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte, wenn er am heutigen Montag erst in der Abgeordnetenkammer und morgen dann im Senat in Rom die Vertrauensfrage stellt.

Das Votum ist die Folge des Austritts von  Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi und dessen Kleinpartei Italia viva aus dem regierenden Mitte-links-Bündnis.

Für den stets in feinsten Zwirn gekleideten Conte ist es nicht das erste Mal, dass er um sein politisches Überleben kämpfen muss.

„La palude“, „den Sumpf“, nennen seine Landsleute das in Ränke und Machtspiele verstrickte, sklerotische politische System Italiens.

Als das populistische Kabinett aus Cinque Stelle und Lega im Juni 2018 den unbekannten, in Florenz lehrenden Rechtsprofessor Conte aus dem Hut zauberte, geschah das in erster Linie, weil man meinte, mit dem Novizen leichtes Spiel zu haben.

Im römischen Sumpf

Und tatsächlich wirkte der Mittfünfziger aus Apulien in der nur kurz währenden Mesalliance der zwei ideologisch so konträren Koalitionspartner die meiste Zeit über nicht wie ein souveräner Regierungschef, sondern wie ein Statist. 14 Monate lang ertrug er mit stoischer Ruhe, dass die dauerzankenden Koalitionspartner Matteo Salvini und Luigi di Maio ihn bei jeder Gelegenheit demütigten, bis der Lega-Boss im Größenwahn die Regierung platzen ließ und in dem in einem Überraschungscoup neu gebildeten Bündnis von Fünf Sternen und Sozialdemokraten von Neuem die Stunde des politisch längst totgesagten Conte schlug.

In der Pandemie, die in Italien besonders grausam wütete, bewies der immer höfliche Ministerpräsident dann nicht nur Nervenstärke und Geschick als Krisenmanager. Es gelang ihm auch, Italien mit 200 Milliarden Euro den Löwenanteil aus dem EU-Wiederaufbauprogramm zu sichern. Es wäre daher eine besondere Ironie, sollte der populäre Parteilose über einen von seinem Vorgänger Renzi vom Zaun gebrochenen Kleinkrieg um nicht abgerufene Kreditlinien aus dem Euro-Rettungsschirm stürzen. Aber Conte ist im Sumpf angekommen. Und selbst wenn er sich diesmal noch einmal freistrampeln kann, wird der Morast auch ihn eines Tages verschlingen.