Die Suche nach einem Herausforderer für US-Präsident Donald Trump beginnt heute Abend mit einem ungewöhnlichen Ritual. Überall im Bundesstaat Iowa werden sich Anhänger der US-Demokraten in Sporthallen, High School Auditorien und Gemeindezentren versammeln und hinter dem Namen ihres Bevorzugen Kandidaten Aufstellung nehmen. Dann wird diskutiert, gestritten, sich umgestellt. Mehrere Runden geht das so, dann wird irgendwann ausgezählt.

Es ist ein aufwendiger Prozess, Caucus genannt, durch den offiziell nur die örtlichen Demokraten ihre Delegierten für den Parteitag im Sommer bestimmen. Doch die symbolische Bedeutung des Prozederes ist viel größer. Seit Jimmy Carter, ein damals landesweit fast unbekannter Gouverneur aus Georgia, hier im 1976 überraschend gewann und später Präsident wurde, umweht den Caucus eine ganz eigene Aura, vor allem für die Demokraten. Ihr Weg zum Weißen Haus führt üblicherweise durch die Kornfelder des Bundesstaats im Mittleren Westen.

Iowa als Test für US-Wahl

Zwei von drei demokratischen Präsidenten der vergangenen 50 Jahre haben die Vorwahl hier gewonnen. Fast jeder Sieger errang später auch die Nominierung seiner Partei. Entsprechend groß ist die Spannung, bevor die Wähler heute wieder Aufstellung nehmen.

Laut Umfragen dürfen sich vier Bewerber realistische Hoffnungen machen, den Caucus zu gewinnen. Ganz vorne lag zuletzt Senator Bernie Sanders aus Vermont. Sanders steht für einen klaren Linkskurs, verspricht seinen Wählern eine politische Revolution. Das kommt an in Iowa, wo die Parteibasis tendenziell progressiver ist, als im Rest des Landes. Groß ist Sanders‘ Vorsprung laut Meinungsforschern indes nicht. Umfragen sehen ihn im Schnitt bei knapp 24 Prozent. Kein besonders starkes Ergebnis, kein überwältigender Vorsprung, aber eben ganz vorne.

Auf Platz zwei liegt Joe Biden, Ex-Vizepräsident und Favorit des gemäßigten Parteiflügels, mit gut 20 Prozent. Es ist ein ungewohnter Platz für den 77-jährigen. Landesweit sehen ihn die Meinungsforscher stabil an erster Stelle, in Iowa jedoch hat er einen schwereren Stand. Sein Wahlkampf lief nicht immer rund, auch sammelte er spürbar weniger Spenden als manche Mitbewerber. Trotzdem könnte er eine Niederlage wohl besser verschmerzen als andere Kandidaten. Biden ist bekannt genug, um später noch einmal ins Geschehen einzugreifen, zumal er bei Afroamerikanern sehr beliebt ist – einer wichtigen Wählergruppe für die Demokraten, die im blütenweißen Iowa kaum vertreten sind.

Warren und Buttigieg unter Druck

Dringend einen Sieg brauchen hingegen Senatorin Elizabeth Warren und Pete Buttigieg, Ex-Bürgermeister des Städtchens South Bend. Beide sind nach zwischenzeitlichen Höhenflügen zuletzt deutlich zurückgefallen, könnten im komplizierten Caucus-System jedoch dennoch gewinnen und ihre Kandidaturen neu beleben.

Endgültig entscheiden wird das Ergebnis der ersten Vorwahl den Kampf um die Kandidatur nicht. Der Nominierungsprozess zieht sich bis zum Sommer, das Feld der Bewerber ist groß. Trotzdem ist die Signalwirkung des Caucus nicht zu unterschätzen. Schließlich haben ab heute – nach Monaten voller Debatten, Spendengalas, Auftritten und des Haustürwahlkampfs – das erste Mal die Wähler das Sagen. Weiter geht es in der kommenden Woche mit der Vorwahl in New Hampshire. Dort dann ohne Stellungsspiele.