In wenigen Tagen wird geschehen, woran zwischenzeitlich nur noch wenige geglaubt haben: Die Briten werden tatsächlich die EU verlassen. Was am 31. Jänner passieren wird:

Brexit-Party in London

"Wir sind drin - aber ohne Feuerwerk", titelte die britische Zeitung "Guardian" am 1. Jänner 1973 zum mit wenig Euphorie begangenen Eintritt der Briten in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - den Vorläufer der heutigen EU. "Wir sind draußen - und wieder ohne Feuerwerk", könnte sie am 1. Februar 2020 titeln.

Denn die große Brexit-Party, die Nigel Farage, Chef der Brexit-Partei, seinen Anhängern versprochen hat, wird zwangsweise ohne großen Knall auskommen müssen. Er habe keine Erlaubnis für Raketen oder anderes Knallzeug bekommen, musste Farage einräumen.

Die Organisatoren der Party auf dem Parlamentsvorplatz in Westminster versprechen den tausenden erwarteten Besuchern dennoch "Spaß, Lieder und viele Überraschungen".

Regierung hält sich zurück

Farage kündigte auch große Redner an - der britische Premierminister Boris Johnson wird allerdings höchstwahrscheinlich nicht darunter sein. Es wird erwartet, dass der Ober-Brexiteer und seine Kabinettskollegen von allzu großen Triumph-Signalen Abstand halten, um die vielen Brexit-Gegner im Land nicht zu verärgern.

Die Regierung will nur den Parlamentsvorplatz mit dem Union Jack beflaggen und eine Uhr an die Hauswand des Regierungssitzes Downing Street Nr. 10 projizieren, die den Countdown zum Brexit markiert.

Johnson selbst wird am Donnerstag mit seinem Kabinett zu einer Sondersitzung im Norden Englands zusammenkommen, wo er bei der Parlamentswahl Mitte Dezember überraschend zahlreiche Wahlkreise erobern konnte. Abends wird er sich Medienberichten zufolge in einer Fernsehansprache an seine Landsleute wenden, in der er zur Einheit aufruft.

Streit um Big Ben

Viele Brexit-Befürworter fordern, dass die berühmte Parlaments-Glocke Big Ben am Tag des Brexit um 24.00 Uhr (23.00 Uhr Ortszeit) die neue Ära einläuten soll. Das Problem: Der Elizabeth-Turm, wie er offiziell heißt, wird derzeit renoviert, und die tonnenschwere Glocke ist ohne Schlagwerk. Die Kosten für das Anbringen des Schlagwerks und die Verzögerung der Bauarbeiten werden auf 500.000 Pfund geschätzt (591.729 Euro).

Johnson will aus Furcht vor der öffentlichen Meinung kein Steuergeld dafür ausgeben und hat deshalb eine Crowdfunding-Kampagne vorgeschlagen, die auch schnell hunderttausende Pfund an Spenden einsammelte. Die Parlamentsverwaltung sperrt sich dennoch gegen den aus ihrer Sicht zu großen Aufwand, so dass Farage wohl mit einer Aufnahme des berühmten Läutens aus Lautsprechern vorlieb nehmen muss.

Die Klippen von Dover

Streit gibt es auch um die berühmten weißen Klippen bei Dover, dem wichtigsten Hafen von Großbritannien nach Festland-Europa. Der scheidende Europaabgeordnete der EU-freundlichen Liberaldemokraten, Antony Hook, will dort ein 150 Quadratmeter großes Banner aufhängen mit dem Schriftzug: "We still love Europe" ("Wir lieben Europa immer noch"). Er hat bereits mehr als 10.000 Pfund an Spenden dafür eingesammelt.

Der konservativen Parlamentsabgeordneten Natalie Elphicke gefällt das gar nicht. Sie will stattdessen ein großes "We love the UK"-Banner ("Wir lieben das Vereinigte Königreich") aufhängen.

Reisende müssen sich übrigens vorerst keine Sorgen machen - sie können die Grenzübergänge in Dover und anderswo an Häfen, Bahnhöfen und Flughäfen auch nach dem 31. Jänner allein mit Personalausweis und ohne Visum überqueren. Denn bis Ende des Jahres gelten in Großbritannien übergangsweise weiterhin EU-Regeln.

Gedenkmünzen

Bereits zweimal hatte das britische Finanzministerium spezielle Gedenkmünzen angekündigt - und diese nach den Verschiebungen des Austrittsdatums jedes Mal wieder einschmelzen müssen. Nun plant das Ministerium, ab dem 31. Jänner insgesamt drei Millionen 50-Pence-Münzen mit Brexit-Logo in Umlauf zu bringen.