Angesichts der Diskussion über Neuwahlen in Großbritannien haben die EU-Staaten noch keinen Beschluss über die Dauer einer weiteren Verschiebung des Brexit getroffen. Die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten vertagten sich am Freitag auf Anfang kommender Woche und damit kurz vor den bisherigen Austrittstermin am 31. Oktober.

Der britische Premier Boris Johnson forderte die Opposition unterdessen auf, der von ihm geforderten Neuwahl am 12. Dezember zuzustimmen.

Es bestehe Einigkeit darüber, dass die EU einer erneuten Brexit-Verschiebung zustimmen werde, sagte ein EU-Diplomat in Brüssel. Die Gespräche über die Dauer dieser Fristverlängerung würden kommende Woche "auch im Lichte der Entwicklungen in London fortgesetzt". Die EU-Botschafter wollen nach Angaben aus Brüssel am Montagabend oder Dienstagmorgen erneut zusammentreffen - wenige Tage vor dem bisher geplanten Austrittsdatum 31. Oktober.

Die EU hat den Brexit-Termin seit Ende März bereits zwei Mal verschoben. Der Großteil der Mitgliedstaaten sprach sich bereits für eine erneute dreimonatige Verlängerung bis zum 31. Jänner aus. Die britische Regierung hatte diesen Aufschub auf Druck des Unterhauses am vergangenen Wochenende beantragt.

Der britische Premierminister Johnson fordert inzwischen Neuwahlen im Dezember. Er hofft, dabei eine ausreichende Mehrheit zu erreichen, um das von ihm mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen durch das Parlament zu bekommen. Für einen Neuwahlantrag ist Johnson allerdings auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Für Oppositionsführer Jeremy Corbyn sei es an der Zeit "seinen Mann zu stehen" und einer Neuwahl im Dezember zuzustimmen, sagte Johnson am Freitag mehreren Fernsehsendern. Das Parlament in London soll am Montag über einen Neuwahlantrag abstimmen. Corbyn vertrat bisher die Haltung, seine Labour-Partei werde erst dann Neuwahlen zustimmen, wenn ein Chaos-Brexit ohne Vertrag mit der EU definitiv vom Tisch sei.

Insbesondere Frankreich hatte sich am Mittwoch noch für eine kurze Verlängerung der Brexit-Frist nur um einige Wochen ausgesprochen. Die Hoffnung war, dass Johnson das Austrittsabkommen doch noch im Laufe des Novembers durch das Unterhaus bekommt und Großbritannien austreten kann. Europa-Staatssekretärin Amélie de Montchalin sagte aber am Donnerstagabend im Sender RTL France, Wahlen in Großbritannien wären "eine große Veränderung". Die österreichische Bundesregierung will die Verlängerung mittragen.

Die EU-Länder seien sich einig, dass die Verlängerung nach dem Botschaftertreffen Anfang der Woche "im schriftlichen Verfahren" zwischen den Hauptstädten endgültig beschlossen werden solle, hieß es von mehreren Diplomaten übereinstimmend. EU-Ratspräsident Donald Tusk wolle keinen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zu der Brexit-Verlängerung einberufen.