100 Jahre nach einer entsprechenden Volksabstimmung in Vorarlberg hat in dieser Woche ein Mitglied des Parlaments des Schweizer Kantons St. Gallen einen Staatswechsel Vorarlbergs zur Schweiz angeregt. Kantonsrat Martin Sailer (SP) hat eine entsprechende Anfrage an die St. Galler Regierung gerichtet. Diese soll nun erklären, was sie davon hält und was die nächsten Schritte wären.

Konkret will Sailer wissen, wie die St. Galler Regierung zu diesem "zugegebenermaßen tollkühnen Plan" eines Zusammenschlusses stehe. Sailer fragt auch, wie vorgegangen werden könnte, um bei dieser Frage den Puls der St. Galler und Vorarlberger Bevölkerung zu spüren.

"Kanton Übrig"

"Wir haben die selbe Sprache und eine sehr ähnliche Kultur", schreibt Sailer in seinem Vorstoß (Anfrage, Anm.), den er in der Septembersession eingereicht hat. Der Rhein trenne zwar, "könnte aber auch zu einem verbindenden Element werden". Denkbar wäre für Sailer, dass aus Vorarlberg der 27. Schweizer Kanton wird, möglich wäre seiner Ansicht nach aber auch eine Fusion mit dem Kanton St. Gallen, der an Vorarlberg grenzt und rund 500.000 Einwohner zählt. Das sei eine Vision, schreibt Sailer dazu, möglicherweise auch "eine Spinnerei", aber "unbedingt verfolgenswert".

Zur Untermauerung seines Ansinnens verwies Sailer auf eine nicht-repräsentative Online-Umfrage des Vorarlberger Nachrichtenportals "Vorarlberg Online" vom Mai 2019, wonach 65 Prozent der über 4.000 Teilnehmer sich für einen Zusammenschluss mit der Schweiz ausgesprochen haben. Eine weitere Umfrage von "Antenne Vorarlberg" habe zur gleichen Frage eine Zustimmung von 51 Prozent gezeigt.

Vorarlberg hat sich im 3. November 1918 - während des Zerfalls der österreich-ungarischen Monarchie - "als eigenes selbstständiges Land im Rahmen des deutsch-österreichischen Staates" bezeichnet. Die deutsch-österreichische Republik wurde freilich erst am 12. November ausgerufen. Das Vertrauen in die Lebensfähigkeit eines Kleinstaates Österreich war jedoch - nicht nur, aber auch - in Vorarlberg gering.

In einer Volksabstimmung am 11. Mai 1919 sprachen sich mehr als 80 Prozent der Vorarlberger Wahlberechtigten für Verhandlungen mit der Schweiz mit dem Ziel eines Beitritts zur Eidgenossenschaft aus. Daneben gab es in Vorarlberg aber auch Initiativen, die das Land mit den schwäbischen Landesteilen in Baden, Bayern und Württemberg zu einem neuen deutschen "Bundesland Schwaben" vereinen wollten. Allen diesen Bestrebungen bereitete der Friedensvertrag von Saint-Germain (10. September) ein Ende. Ein Anschluss Österreichs an Deutschland oder andere Staaten wurde verboten.