Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland werden wegen des anhaltenden Ukraine-Konflikts abermals verlängert. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstag bei ihrem Gipfel in Brüssel, wie ein Sprecher von Ratspräsident Donald Tusk am Abend bestätigte.

Die EU hatte die Handels- und Investitionsbeschränkungen trotz Milliardenverlusten für heimische Unternehmen zuletzt im Dezember 2018 bis zum 31. Juli 2019 verlängert. Sie sollen nun weitere sechs Monate gelten.

Größere Diskussionen über die Entscheidung gab es auf EU-Ebene nach Angaben von Diplomaten nicht. Als ein Grund dafür gilt das Vorgehen Russlands gegen ukrainische Marineschiffe Ende vergangenen Jahres. Die russische Küstenwache hatte damals zwei Patrouillenboote und einen Schlepper gewaltsam an der Fahrt durch die Meerenge von Kertsch ins Asowsche Meer gehindert. Die Seeleute wurden festgenommen, die Schiffe beschlagnahmt. Die EU fordert seit Monaten ihre bedingungslose Freilassung.

In Sachen Klimaschutz erzielten die EU-Regierungschefs keine Einigung.

Minsk bleibt Voraussetzung

Auf eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen soll Russland zudem erst hoffen können, wenn die Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukraine-Konflikt komplett erfüllt sind. Mit der Koppelung der Sanktionen an den Friedensplan wollen die EU-Staaten den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu bewegen, seinen Einfluss auf die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine stärker für eine Beilegung des Konfliktes zu nutzen.

Experten gehen nach Angaben von Diplomaten davon aus, dass die Sanktionen Russland bereits einen dreistelligen Milliardenbetrag gekostet haben. Doch auch die europäische Konjunktur wird in Mitleidenschaft gezogen, da die Strafmaßnahmen den Handel vieler EU-Unternehmen mit Russland erschweren und Moskau im Gegenzug Einfuhrverbote für westliche Agrarprodukte wie Obst und Fleisch verhängt hat.

Eingeführt wurden die EU-Strafmaßnahmen nach dem Absturz eines malaysischen Flugzeugs mit 298 Menschen an Bord über der Ostukraine im Juli 2014. Es soll nach Angaben von westlichen Ermittlern von prorussischen Separatisten abgeschossen worden sein.

Auch Sanktionen wegen der Krim

Unabhängig von den harten Sanktionen gegen die russische Wirtschaft sind diejenigen EU-Sanktionen, die ganz konkret die Wirtschaft auf der von Russland einverleibten Schwarzmeerhalbinsel Krim treffen. Sie wurden am Donnerstag von der EU um ein ganzes Jahr verlängert und sollen erst aufgehoben werden, wenn die Krim von Russland wieder an die Ukraine zurückgegeben wird. Die Regelungen sehen zum Beispiel vor, dass Kreuzfahrtschiffe aus der Europäischen Union nicht in Häfen des von der Ukraine abgetrennten Territoriums einlaufen dürfen.

Die Europäische Union trete "fünf Jahre nach der rechtswidrigen Annexion der Krim und Sewastopols durch Russland weiter entschlossen für die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine ein", hieß es zur Begründung für die Sanktionsverlängerung. Die EU erkenne diesen Verstoß gegen das Völkerrecht nicht an und verurteile ihn weiterhin.

Die verlängerten Sanktionen beschränken sich auf die Krim und Sewastopol und umfassen Verbote für die Einfuhr von Waren in die Union, für Investitionen und Tourismusdienstleistungen auf dem Gebiet, für die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation und Energie und im Zusammenhang mit der Öl-, Gas- und Mineralförderung. Auch technische Hilfe und Vermittlungs-, Bau- oder Ingenieurdienstleistungen in den genannten Bereichen sind untersagt.

Die Europäische Union verhängt seit März 2014 als "Reaktion auf die bewusste Destabilisierung der Ukraine" schrittweise restriktive Maßnahmen gegen Russland. Des Weiteren erließ die Union aufgrund der Krise in der Ukraine Wirtschaftssanktionen gegen bestimmte Sektoren der russischen Wirtschaft sowie individuelle restriktive Maßnahmen, die das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbot beinhalten. Sie betreffen 170 Personen und 44 Einrichtungen, weil sie "Handlungen begangen haben, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben".

Keine Einigung bei Klimaneutralität

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich beim EU-Gipfel in Brüssel allerdings nicht darauf geeinigt, die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Der entsprechende Passus sei in eine Fußnote gerutscht, hieß es am Donnerstagabend in diplomatischen Kreisen nach Ende der langwierigen Verhandlungen. In dem Beschluss bekennen sich die EU-Mitgliedsländer zwar zum Pariser Klimaabkommen, aber ohne Datum. In der Fußnote wird vermerkt, dass die große Mehrheit der EU-Staaten die Ziele bis 2050 erreichen will.

Eine Einigung auf die EU-Klimaneutralität bis 2050 ist am Widerstand von vier Ländern gescheitert. Polen, Ungarn, Tschechien und Estland wollten beim EU-Gipfel am Donnerstag demnach der Zielvereinbarung, wonach die Union bis 2050 treibhausgasneutral werden soll, nicht zustimmen, hieß es aus Ratskreisen.