Die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) haben eigenen Angaben zufolge über dem Iran eine amerikanische Aufklärungsdrohne abgeschossen. Die Drohne des Typs "Global Hawk" sei am Donnerstag bei Kuh-Mubarak in der Provinz Hormuzgan in den iranischen Luftraum eingedrungen und abgeschossen worden, teilten die Revolutionsgarden mit. "Das war eine klare und konsequente Botschaft an diejenigen, die unsere Grenzen verletzen wollen", sagte IRGC-Chef Hussein Salami. Die Provinz Hormuzgan in Südiran liegt direkt am Persischen Golf an der Straße von Hormuz und gilt als möglicher Schauplatz einer militärischen Konfrontation der beiden Erzfeinde Iran und USA.
Washington dementiert Abschuss
Amerikanische Medien berichteten, US-Vertreter hätten den Abschuss einer US-Drohne durch die Iraner bestätigt. Allerdings sei dies in internationalem Luftraum über der Straße von Hormuz erfolgt. Der Sprecher des US-Zentralkommandos, Bill Urban, sagte dem US-Sender NBC zufolge: "Keine US-Drohne war heute im iranischen Luftraum im Einsatz." Der regierungsnahe Sender Fox News berichtete unter Berufung auf einen ungenannten US-Vertreter, eine Drohne des Typs "MQ-4C" sei über dem Meer von einer iranischen Flugabwehrrakete abgeschossen worden. Die "MQ-4C" ist eine Variante der "Global Hawk" zur Aufklärung von Seegebieten und wird von der US-Marine eingesetzt. Dagegen sprach NBC unter Berufung auf einen US-Vertreter von einer "RQ-4", der ursprünglichen Version der "Global Hawk". Es sei ein nicht provozierter Angriff der Iraner gewesen.
Der Iran verurteilte die angebliche Verletzung seines Luftraums. "Wir verurteilen aufs Schärfste diesen provokativen und aggressiven Akt und warnen eindringlich vor der Verletzung unseres Luftraums", sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi am Donnerstag. Der Iran mache ausschließlich den "Aggressor" für die Konsequenzen solcher Handlungen verantwortlich, so der Sprecher laut Webportal des Außenministeriums. Der Iran wolle mit niemandem Krieg, sei aber auf jeden militärischen Konflikt vorbereitet, sagte der Chef der Revolutionsgarden General Salami. Die "rote Linie" des Irans seien dabei seine Grenzen. "Jeder, der die überschreitet, wird zerstört und auch nicht mehr (in sein Land) zurückkehren", sagte General Salami nach Angaben des IRGC-Webportals.
Der Drohnen-Zwischenfall ist nicht der erste dieser Art: Bereits im Dezember 2011 hatte der Iran den Abschuss einer US-Drohne gemeldet. Die "RQ-170" mit Tarnkappentechnik sei im Südosten des Landes in der Nähe der afghanischen Grenze abgeschossen worden. Die USA wiesen das zurück und gaben an, die Drohne sei im Westen Afghanistans abgestürzt. Die Iraner schafften es nach eigenen Angaben, Daten der Drohne zu decodieren und damit an Geheiminformationen der CIA zu gelangen.
Der neue Vorfall fällt in eine Zeit verschärfter Spannungen zwischen dem schiitischen Iran und den USA mit ihren sunnitisch-arabischen Verbündeten. In den vergangenen Wochen hatten die USA einen Flugzeugträgerverband und eine strategische Bomberflotte in die Region verlegt, wo sie bereits über mehrere Stützpunkte verfügen. Im Golf von Oman wurden am 13. Juni zwei Tanker bei Angriffen schwerbeschädigt und die USA machen den Iran dafür verantwortlich.
Auslöser der Konflikte sind der einseitige Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran im vergangenen Jahr und die folgende Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik. Im Mai hatte auch der Iran mit einem Teilausstieg aus dem Atomdeal begonnen und gedroht, die Straße von Hormus zu blockieren. Über diese Meerenge werden fast zwei Drittel des globalen Ölexports verschifft.
Noch am Mittwoch hatte der iranische Sicherheitsrat (SNSC) erklärt, seiner Einschätzung nach werde es keinen Krieg zwischen dem Iran und den USA geben. "Es besteht überhaupt kein Grund für einen Krieg, denn amerikanische Unterstellungen gegen andere Länder sind eine weltweit bekannte Taktik der USA, um politischen Druck auszuüben", sagte SNSC-Sekretär Ali Shamchani der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Die Amerikaner wollten mit einem "Wirtschaftskrieg" den Iran zur Kapitulation zwingen, das werde aber nicht passieren.
Ist Abkommen noch zu retten?
Die verbliebenen Vertragspartner versuchen anders als die USA, das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe zu retten. Am Mittwoch hatte der Iran für den 28. Juni dazu ein Treffen angekündigt. Die Vizeaußenminister des Irans und der 4+1 Gruppe - China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland - würden sich in Wien treffen, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi.
Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte bekräftigt, dass die Vertragspartner nur bis zum 7. Juli Zeit hätten, das Atomabkommen vertragsgerecht umzusetzen. Sonst werde der Iran die im Abkommen vorgesehene Beschränkung der Urananreicherung aufheben und Uran höher anreichern als die vereinbarte Obergrenze von 3,67 Prozent. Das wäre nach Meinung von Beobachtern das Ende des Wiener Abkommens.