Die britische Premierministerin Theresa May will ihr Amt als Parteichefin am 7. Juni abgeben. Das teilte die konservative Politikerin am Freitag in London mit. Ihre Tage als Premierministerin sind damit auch gezählt.
Es sei im besten Interesse des Landes, wenn ein anderer Premierminister Großbritannien aus der EU führe, sagte May. Das Unterhaus hatte den von ihr ausgehandelten Brexit-Vertrag mit der Europäischen Union drei Mal abgelehnt. Sie werde "für immer bedauern", dass sie "nicht in der Lage gewesen" sei, den Brexit zu vollziehen, sagte die Politikerin.
May will mit ihrem Rücktritt den Weg für einen Nachfolger frei machen. Sie will allerdings als Premierministerin im Amt bleiben, bis ihre Konservative Partei einen Nachfolger ausgewählt habe. Dieser solle in einem zweistufigen Verfahren ermittelt werden. Am Ende sollen 125.000 Mitglieder der Konservativen Partei zwischen zwei Kandidaten entscheiden.
Mit dieser Entscheidung ist May während des Staatsbesuchs von US-Präsident Donald Trump in Großbritannien (3. - 5. Juni) noch im Amt. May hatte in dieser Woche einen neuen Plan angekündigt, wie sie ihr bereits drei Mal abgelehntes Brexit-Abkommen doch noch durchs Parlament bringen will. Die Reaktionen darauf waren jedoch vernichtend. Sowohl aus den Reihen ihrer konservativen Tories als auch aus der Opposition hagelte es Kritik und Rücktrittsforderungen. Die für Freitag geplante Veröffentlichung eines entsprechenden Gesetzentwurfs legte die Regierung daraufhin auf Eis.
Weiteren Minister verloren
Nach vielen politischem Nackenschläge kämpft May um ihr politisches Vermächtnis. Am Mittwochabend verlor sie mit dem Rücktritt der Ministerin für Parlamentsfragen eine wichtige Mitstreiterin.
Kampfrede vor dem Parlament
Mit einer Kampfrede warb May am Mittwoch im Parlament für ihre jüngsten Pläne für den EU-Austritt. Sie stellte dabei sogar eine Abstimmung über ein Referendum über ihr Austrittsabkommen in Aussicht. Doch die Reaktionen waren verheerend. Forderungen nach ihrem Rücktritt wurden lauter. Am Ende trat sogar ihre Ministerin für Parlamentsfragen, Andrea Leadsom, aus Protest gegen ihre Pläne zurück.
Ihren neuen Gesetzentwurf wollte May am Freitag veröffentlichen. Allerdings ist sie bereits drei Mal mit ihrem Brexit-Deal im Parlament gescheitert.
Corbyn lehnte Vorschläge ab
Oppositionschef Jeremy Corbyn bezeichnete Mays Vorschläge als "wenig mehr als eine neu verpackte Version" des bereits mehrfach abgelehnten Abkommens. May habe nur noch Tage im Amt, prophezeite Corbyn und forderte eine Neuwahl.
Der konservative Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Tom Tugendhat, rief May dazu auf, ihren Rücktritt nach der britischen Wahl zum Europaparlament anzukündigen. "Es gibt noch eine letzte Gelegenheit, es richtig zu machen und in geregelter Weise zu gehen", schrieb Tugendhat in der "Financial Times".
Die Briten hatten vor fast drei Jahren in einem Referendum für den EU-Austritt gestimmt. Sie nehmen nur deshalb an der Europawahl teil, weil May im Parlament bisher keine Mehrheit für das Austrittsabkommen bekam. Der EU-Austritt wurde deshalb auf spätestens 31. Oktober verschoben.
Umfragen sagten Katastrophe für May voraus
Umfragen sagten eine krachende Niederlage für Mays Konservative bei der Europawahl voraus. Großer Wahlfavorit war die EU-feindliche Brexit-Partei von Nigel Farage. Die Ergebnisse werden erst am Sonntag veröffentlicht. Eine Neuwahl gilt nun als wahrscheinlich, weil die Konservativen keine eigene Mehrheit im Parlament haben und für Nachverhandlungen mit der EU politischer Spielraum fehlt.
Ein Brexit ohne Abkommen ist das Ziel einiger konservativer Brexit-Hardliner wie Ex-Außenminister Boris Johnson. Er gilt als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge Mays. Sollte bis zum Ende der Austrittsfrist am 31. Oktober nichts anderes vereinbart werden, würde es zu einem sogenannten No-Deal-Brexit kommen. Bei solch einem Austritt ohne Vertrag würde die zwischen London und Brüssel vereinbarte Übergangsphase bis Ende 2020 wegfallen, innerhalb derer sich trotz Brexits erstmal fast nichts ändern sollte. Von heute auf morgen wären Dutzende rechtliche Fragen ungeklärt oder nur einseitig geregelt.
Ein Ausweg könnte ein zweites Referendum über den Brexit sein. Theoretisch könnte Großbritannien den Brexit auch einfach absagen, und sei es nur, um Zeit für eine bessere Vorbereitung des EU-Austritts zu bekommen.