Es war ein Treffen der ungleichen Gleichen: Verteidigungsminister Mario Kunasek verfügt über ein Budget von zwei Milliarden Euro, die USA können auf 832 Milliarden zurückgreifen. Österreichs Militärausgaben decken ein Sechstel der Kosten des neuen US-Flugzeugträgers USS Gerald R. Ford ab. Im Pentagon arbeiten 26.000 Bedienstete. Mit etwas mehr Bürofläche könnten alle aktiven Soldaten des Bundesheeres im Gebäude am Potomac untergebracht werden.

Die USA sind eine Supermacht, Österreich ist ein militärischer Zwerg. Dennoch: Die USA sind um das Bundesheer bemüht. Amerikanische Entscheidungsträger unterstrichen mehrmals während der Reise des Verteidigungsministers nach Washington, dass die beiden Länder trotz Neutralität in Zukunft noch enger militärisch zusammenarbeiten sollen. „Man spürt den Wunsch der USA, mit uns einen sehr engen bilateralen Kontakt zu haben,” meint Kunasek im Gespräch mit der Kleinen Zeitung.

Vor allem am Westbalkan will man enger militärisch kooperieren. Der US-Einsatz am Westbalkan ist „notwendig und wichtig,” betonte Kunasek. Österreich wünsche sich, dass das „Engagement Amerikas in dem Raum hoch bleibt”. Trotz seiner oft als USA-kritisch und pro-russisch auftretenden Partei unterstrich Kunasek, dass die USA ein „Stabilitätsfaktor“ in der Region und Europa darstellen. Man sollte alles unternehmen, um „Amerika gerade am Westbalkan vor unserer Haustüre mit im Boot zu haben”.

Der gesamte Balkan nimmt für die USA wegen des wachsenden russischen und chinesischen Einflusses an strategischer Bedeutung zu. Washington will Wien dort zu mehr Engagement überreden, wo Österreich knapp 800 Soldaten stationiert hat. Damit einhergehend fordern die Amerikaner eine Aufstockung des österreichischen Verteidigungsetats.

Für Kunasek sind Österreichs Auslandseinsätze von großer strategischer Bedeutung. „Die Sicherheit Österreichs beginnt nicht in Spielfeld an der Grenze,” so der Minister. „Die Sicherheit Österreichs beginnt in Westafrika, am Westbalkan, im Nahen Osten. Da braucht es von der Bevölkerung ein bisschen mehr an Wahrnehmung.”

Es ist aber auch nicht alles eitel Wonne in den Beziehungen. Das Pentagon wirft Österreich Naivität angesichts der militärischen Drohgebärden aus Russland vor — Kneissls Hofknicks vor Putin bleibt unvergessen. Auch die FPÖ-Regierungsbeteiligung, etwaige Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen, die Haltung der FPÖ in der Ukrainekrise werden kritisiert.

Die BVT-Affäre ist auch nicht spurlos vorbeigegangen. Laut einer Quelle aus dem Senate Select Committee on Intelligence werden Informationen selektiver an das Heeresnachrichtenamt weitergeleitet. Im US-Militär ist die österreichische Expertise in der Alpinausbildung, beim Katastrophenschutz, der Friedenssicherung gefragt. Im Mai werden erstmals österreichische und amerikanische Militärpolizisten in Salzburg für friedenssichernde Operationen am Balkan üben.

Das große Fragezeichen bleibt, wie lange Washington an seiner globalen Militärpräsenz festhält. Ist die nächste US-Regierung gewillt, Europas Sicherheit weiter zu subventionieren? Europa muss auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Österreichs Engagement am Westbalkan ist lobenswert. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die eigentliche Stabilität der Region nach wie vor von US-Marschflugkörpern, Bombern, Kampfflugzeugen abhängt. Letztendlich waren es diese Waffensysteme, die dem Blutvergießen am Westbalkan in den 1990er-Jahren ein Ende setzten.