Israels rechtskonservativer Regierungschef Benjamin Netanyahu hat am Wahltag zur Rettung seiner Machtbasis aufgerufen. Die Wähler müssten für seine Likud-Partei stimmen, forderte er am Dienstag nach der Stimmabgabe in Jerusalem. "Es gibt viele Menschen, die wollen, dass wir diesen fantastischen Weg fortsetzen, der Israel das beste Jahrzehnt in seiner Geschichte gebracht hat", sagte der 69-Jährige.

Sonst könnte das Mitte-Bündnis seines Herausforderers Benny Gantz siegen, warnte er. Netanyahu ist seit 2009 durchgängig im Amt und war auch von 1996 bis 1999 Ministerpräsident.

"Ein Tag der Hoffnung"

Ex-Militärchef Benny Gantz vom Bündnis Blau-Weiß rief am Tag der Wahl zur Veränderung auf. "Dies ist ein Tag der Hoffnung, ein Tag der Einheit", sagte Gantz bei der Stimmabgabe in seinem Wohnort Rosh Haayin östlich von Tel Aviv. "Ich sehe den Menschen in Israel in die Augen und sage ihnen: Dieser Wandel ist möglich." Man müsse gemeinsam einen neuen Weg beschreiten. "Lasst uns die Demokratie respektieren und geht wählen!"

In der Früh hatten zum Auftakt der Parlamentswahl landesweit mehr als 10.700 Wahllokale geöffnet. Rund 6,3 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, die 120 Mitglieder der Knesset in Jerusalem neu zu bestimmen. Die Wahllokale bleiben bis 21.00 Uhr (MESZ) geöffnet. Direkt danach werden erste Prognosen veröffentlicht.

Die Wahlbeteiligung lag am Vormittag bei 12,9 Prozent, etwas niedriger als bei der letzten Wahl im Jahre 2015 zur gleichen Zeit (13,7 Prozent).

Regierungsbildung für Gantz schwierig

In letzten Umfragen lag Gantz' Mitte-Bündnis Blau-Weiß vorn. Netanyahus rechtsorientierter Likud kam erst an zweiter Stelle. Eine Regierungsbildung dürfte jedoch für Gantz schwierig werden, da Netanyahu und seine Verbündeten, die rechten und religiösen Parteien, insgesamt weiter in der Übermacht sind. Zur Bildung einer Regierung sind mindestens 61 von 120 Mandate notwendig.

Der wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck stehende Netanyahu führte zuletzt eine Regierungskoalition mit den rechten und strengreligiösen Parteien an. Die Wahlen waren wegen einer Regierungskrise vorgezogen worden. Ursprünglich waren sie erst für November angesetzt gewesen.

Netanyahu vor Anklage wegen Korruption

Israels Generalstaatsanwalt will in drei Fällen wegen Korruption Anklage gegen Netanyahu erheben. Es geht um Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Vor einer endgültigen Entscheidung, ob der Regierungschef wirklich vor Gericht muss, hat aber noch eine Anhörung zu erfolgen. Netanyahu weist alle Vorwürfe zurück.

Mit einem deutlichen Rechtsruck hatte Netanyahu noch kurz vor der Wahl in einem Interview die Annektierung bereits israelisch besiedelter Gebiete im Westjordanland in Aussicht gestellt. Einem unabhängigen Palästinenserstaat erteilte er eine Absage.

Gantz für Frieden mit Palästinensern

Gantz hat sich für eine Friedensregelung mit den Palästinensern ausgesprochen. Gleichzeitig ist er dafür, dass die großen Siedlungsblöcke im Westjordanland bei Israel bleiben. Von der israelischen Besatzung hat er sich distanziert.

Versteckte Kameras in Wahllokalen

Berichte über versteckte Kameras in Wahllokalen in arabischen Orten sorgten für Unruhe. Netanyahus Likud-Partei habe 1200 Wahlbeobachter mit versteckten Kameras entsandt, schrieb die "Times of Israel". Ein Vertreter der Partei sagte demnach der Nachrichtenseite, das "Problem ist das Verhalten der Leute in arabischen Gemeinden", nicht die Maßnahmen des Likuds, "um eine faire Wahl sicherzustellen".

Die Polizei sprach zunächst lediglich von "mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten" in Wahllokalen im Norden des Landes.

Am Morgen hatten zum Auftakt der Parlamentswahl landesweit mehr als 10.700 Wahllokale geöffnet. Rund 6,3 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, die 120 Mitglieder der Knesset in Jerusalem neu zu bestimmen. Die Wahllokale bleiben bis 21.00 Uhr (MESZ) geöffnet. Direkt danach werden erste Prognosen veröffentlicht.

Die Wahlbeteiligung lag bis zum Nachmittag bei 35,8 Prozent, etwas niedriger als bei der Wahl im Jahre 2015 zur gleichen Zeit (36,6 Prozent).

Präsident Reuven Rivlin wird nach der Wahl den Kandidaten mit den größten Chancen mit der Bildung einer Regierungskoalition beauftragen. Das neue Parlament soll am 23. April vereidigt werden. Mit einer neuen Regierung wird bis Anfang Juni gerechnet.

US-Präsident Donald Trump will nach der Wahl seinen lange erwarteten Friedensplan zur Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern präsentieren.