In der Frage des Umgangs mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbanhat sich die ÖVP am Dienstag demonstrativ hinter den EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber gestellt. Der konservative Europa-Spitzenkandidat hatte Orban zuvor drei Bedingungen gestellt, um einen Ausschluss von dessen Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei (EVP) abzuwenden.

"Dafür gibt es von unserer Seite volle Unterstützung. Diese Punkte sind unverhandelbar und müssen sichergestellt sein, ansonsten drohen weitere Schritte", erklärten ÖVP-Chef Sebastian Kurz, EU-Spitzenkandidat Othmar Karas sowie der österreichische EVP-Vizepräsident Johannes Hahn in einer gemeinsamen Aussendung. "Die Bedingungen der EVP liegen am Tisch, nun liegt der Ball einzig und allein bei Viktor Orban", so Kurz. Orban müsse endlich aufhören, mit Feindbildern, Schuldzuweisungen und Antisemitismus Politik zu machen, forderte Karas. "Sollte das nicht passieren, muss das Ausschlussverfahren eingeleitet werden."

Roter Teppich für Orban

Er "würde Orban den roten Teppich ausrollen", erklärte indes der Chef der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD), Jörg Meuthen. Orban sei in der EVP, die längst "linke Politik" mache, ohnehin längst nicht mehr zu Hause.

In Österreich wiederum kann sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach der EU-Wahl Ende Mai einen Wechsel von Fidesz in die EU-Fraktion vorstellen, der auch die Freiheitlichen angehören werden. Derzeit ist die FPÖ bei der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) - gemeinsam mit rechtspopulistischen bis -extremen Parteien wie der Nationalen Sammlungsbewegung (Rassemblement National) von Marine Le Pen aus Frankreich, der italienischen Lega oder der Freiheitspartei (PVV) des Islamgegners Geert Wilders aus den Niederlanden.

Die AfD wiederum gehört im EU-Parlament der EFDD (Europa der Freiheit und der direkten Demokratie) aus Populisten und EU-Austrittsbefürwortern an.

Drei Bedingungen

Orban müsse sich "bewegen und seine Wertschätzung für die EVP zu zeigen", sagte EVP-Spitzenkandidat Weber zuvor der "Bild". Es gebe "entscheidende Fragen, was demokratische Prinzipien und den politischen Stil betrifft". Weber nannte drei Bedingungen, über deren Erfüllung es "noch in diesem Monat" Klarheit brauche: Orban müsse die "Anti-Brüssel-Kampagne seiner Regierung sofort und endgültig stoppen", sich bei den anderen EVP-Mitgliedsparteien entschuldigen und einen Verbleib der Zentraleuropäischen Universität (CEU) in Budapest sichern. Die CEU wird von US-Milliardär George Soros unterstützt, den Orbans Regierung heftig anfeindet.

Fronten verhärtet

Weber machte klar, dass es nun an Orbans weiterem Handeln liege, ob es zum Bruch zwischen der Fidesz und der konservativen europäischen Parteifamilie komme. Er selbst werde noch "einen letzten Versuch" unternehmen, "Viktor Orban und die Fidesz in der EVP zu halten", sagte Weber. Die Werte der Christdemokratie seien allerdings "nicht verhandelbar".

Die EVP habe "viele Brücken versucht zu bauen, aber sie wurden von ungarischer Seite nicht genutzt und nicht betreten". Weber forderte zudem: "Wir erwarten von Viktor Orban und von der Fidesz-Partei, dass sie sich für den entstandenen Schaden für die EVP entschuldigen."

13 Parteien für Ausschluss

13 EVP-Mitgliedsparteien aus neun EU-Staaten sprachen sich inzwischen dafür aus, die Mitgliedschaft von Fidesz zu beenden oder auszusetzen, wie EVP-Chef Joseph Daul der Nachrichtenagentur AFP sagte. Über die Frage werde es bei einem Treffen am 20. März eine Debatte geben, einen Tag vor dem EU-Gipfel. Die ÖVP forderte bisher keinen Ausschluss von Fidesz aus der EVP. Karas sprach sich für eine Suspendierung der Orban-Partei aus.

Fidesz ist innerhalb der EVP seit Längerem umstritten. Zuletzt erzürnte eine polemische Plakatkampagne der nationalkonservativen ungarischen Regierung gegen den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker mehrere EVP-Mitglieder. Budapest wirft Juncker vor, er wolle die EU-Länder zur Flüchtlingsaufnahme verpflichten und den nationalen Grenzschutz schwächen. Weitere Zielscheibe der Kampagne ist der aus Ungarn stammende jüdische US-Milliardär Soros.

Juncker verlangt im Streit um die Plakatkampgane den Ausschluss der Fidesz aus der EVP. Wer in europäischen Dingen aus innenpolitischen Gründen lüge, müsse sich die Frage stellen, ob er noch weiterhin zum Club der EVP gehören möchte, sagte Juncker dem ZDF. "Ich bin der Meinung, er gehört nicht mehr dazu." Er werde deshalb bei einer anstehenden EVP-internen Abstimmung am 20. März für den Ausschluss von Fidesz aus der konservativen Parteienfamilie stimmen. "Ich habe vor Monaten schon kundgetan, dass das größte Problem der EVP bei den europäischen Wahlen eine Namen trägt, und das ist Orban."

In der Plakatkampagne wirft Orbans Partei Juncker und Soros die bewusste Förderung illegaler Einwanderung in die EU vor. Zwölf EVP-Mitgliedsparteien haben nun Druck gemacht und eine Abstimmung angesetzt. Die Delegierten werden am 20. März über eine Suspendierung oder einen Ausschluss von Fidesz entscheiden. EVP-Fraktionschef Manfred Weber strebt nach der EU-Wahl im Mai die Spitze der Kommission an. Dabei hat er die zwölf Sitze von Fidesz bisher fest einkalkuliert.

Das vor zwei Jahren in Kraft getretene Hochschulgesetz zwang die von Soros gegründete Central European University, den Umzug von Budapest nach Wien zu beschließen. Es beschränkt die Befugnis von Universitäten mit Hauptsitz außerhalb der EU, ungarische Abschlüsse zu verleihen. Wegen des Hochschulgesetzes läuft seit Dezember 2017 ein EU-Vertragsverletzungsverfahren.