Premierministerin Theresa May beißt in Brüssel auf Granit: EU-Ratspräsident Donald Tusk lehnt Nachverhandlungen über den Brexit-Deal ab. Der Vertrag bleibe der beste und einzige Weg, um einen geordneten Brexit sicherzustellen.
Der Backstop, der die schwierige Irland/Nordirland-Frage vorübergehend regeln und die offene Grenze sicherstellen soll, sei Teil des Austrittsauskommens und nicht verhandelbar. Diese Linie sei mit den Hauptstädten der 27 bleibenden EU-Staaten abgestimmt.
Das britische Parlament stimmte zuvor mit 317 Ja- gegen 301-Nein-Stimmen für den Brexit-Deal. Allerdings: Der Backstop als Garantieklausel wird abgelehnt, Er soll durch Vereinbarungen ersetzt werden, die scharfe Grenz-Kontrollen zwischen Irland und dem britischen Nordirland verhindern.
Angenommen wurde auch der Antrag, mit dem ein No-Deal-Brexit ausgeschlossen wird, allerdings ohne Konsequenzen: Kommt es bis zum 29. März zu keinem Deal, findet der Brexit trotzdem statt.
Abänderungsantrag A für eine engere Bindung an die EU nach dem Brexit und Antrag O auf einen Verbleib Schottlands in der EU wurden vom britischen Parlament abgelehnt. Auch Antrag B und G, mit denen das Parlament die Kontrolle über die Regierung im Brexit-Prozess übernommen und die Verschiebung betrieben hätte, blieben in der Minderheit.
"Besser als vor 14 Tagen"
Die britische Premierministerin Theresa May wertete das Ergebnis als Fortschritt. Vor 14 Tagen habe das Parlament gar nicht erkennen lassen, was es wolle, nun sehe sie einen Weg. Sie will das mit der EU ausverhandelte Brexit-Abkommen wieder aufmachen und neu verhandeln. Die EU habe "begrenzten Appetit" darauf, das Abkommen wieder aufzuschnüren, gab May zu.
Die EU hat diese Option bisher kategorisch zurückgewiesen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnt Nachverhandlungen zum Brexit-Abkommen der EU mit Großbritannien ab. "Es ist die beste mögliche Abmachung (mit der EU). Darüber kann nicht mehr verhandelt werden", sagte Macron am Dienstagabend.
Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wiederholte, dass er eine Neuverhandlung des Brexit-Abkommens mit Großbritannien für "sehr schwierig und unrealistisch" halte. Bei den zukünftigen Beziehungen oder dem Austrittsdatum gebe es "viel mehr Spielraum von unserer Seite", sagte Kurz.
May lässt sich davon nicht beirren: London müsse den übrigen 27 EU-Staaten endlich klar zu sagen, was die Briten in Sachen Brexit wollen. "Die Welt weiß, was dieses Haus nicht will. Heute müssen wir eine nachdrückliche Botschaft dazu senden, was wir wollen", sagte May.
Debatte begann mit Verspätung
Die Debatte über den weiteren Brexit-Kurs im britischen Parlament begann am Dienstag mit rund einstündiger Verspätung. Die Abstimmungen sollen um 20.00 Uhr (MEZ) stattfinden, so die Sprecherin. May stellte sich hinter einen Vorschlag für Nachverhandlungen mit Brüssel über die schwierige Irland-Frage und hofft auf ein Mandat der Abgeordneten dafür.
Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat während der Debatte im britischen Unterhaus erklärt, die vordringlichste Aufgabe sei es, einen ungeregelten Brexit zu verhindern. Er fordert eine Verschiebung des für den 29. März geplanten EU-Austritts. Es bestehe "keine Chance", dass die Regierung bis zu dem Termin sämtliche notwendigen Gesetze verabschiede, sagte Corbyn.
Parlamentspräsident John Bercow hat aus den über einem Dutzend Zusatzanträgen sieben ausgewählt, die ab 20.00 Uhr zur Abstimmung gestellt wurden.