Der US-Politikberater Roger Stone, ein langjähriger Vertrauter von Präsident Donald Trump, ist angeklagt und festgenommen worden. Dem 66-Jährigen werden Falschaussagen gegenüber Ermittlern und Zeugenbeeinflussung vorgeworfen, wie das Büro von Sonderermittler Robert Mueller am Freitag mitteilte. Stone soll noch am selben Tag in Fort Lauderdale im Bundesstaat Florida vor Gericht erscheinen.

Noch vor kurzem hatte Trump Stone öffentlich dafür gelobt, dass er nicht gegen ihn aussagen wolle. Stone hatte während des Präsidentschaftswahlkampfs in Verbindung zum Trump-Team gestanden. Im August 2016 führte er an, Kontakte zu Wikileaks zu haben. Die Enthüllungsplattform veröffentlichte 2016 interne E-Mails der Parteizentrale der Demokraten und des Wahlkampfteams von Trumps Rivalin Hillary Clinton, die von mutmaßlichen russischen Hackern gekapert worden seien.

Später soll Stone laut der Anklage die Untersuchungen im Kongress zu den mutmaßlichen russischen Cyberinterventionen im Wahlkampf und der Rolle von Wikileaks dabei behindert haben.

Der von US-Ermittlern ausgehende Druck auf US-Präsident Donald Trump ist indes in den vergangenen Wochen deutlich gewachsen. Jüngste Dokumente zu den Russland-Kontakten sowie den Schweigegeldzahlungen an angebliche frühere Sexpartnerinnen Trumps zeigen, dass die Ermittlungen näher an ihn herangerückt sind. Die möglichen Folgen sind noch nicht absehbar.

Allerdings: Selbst wenn die Ermittler zu dem Schluss kommen, genügend Material gegen Trump beisammen zu haben - ob die US-Verfassung eine strafrechtliche Anklage gegen einen amtierenden Präsidenten zulässt, ist umstritten.

Die oppositionellen Demokraten mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus haben es in der Hand, ein Amtsenthebungsverfahren ("Impeachment") einzuleiten - über diese Option wird bereits verschärft diskutiert. Für die Absetzung des Präsidenten wäre dann aber eine Zweidrittelmehrheit im Senat nötig, den Trumps Republikaner auch künftig dominieren werden. Ein Überblick über die wichtigsten Ermittlungspisten:

Schweigegelder

Ein  Schriftstück zu Trumps früherem Anwalt Michael Cohen setzt den Präsidenten in direkte Verbindung zu einer mutmaßlichen Straftat. US-Bundesanwälte gehen demnach davon aus, dass Trump in die Schweigegeldzahlungen während des Präsidentschaftswahlkampfs involviert war.

Cohen habe bei den Zahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels und das frühere "Playboy"-Model Karen McDougal "in Koordination mit und im Auftrag von Individuum-1" agiert, konstatieren die Ermittler. "Individuum-1" ist Trump.

Die Zahlungen sehen die Strafverfolger als Verstoß gegen die Wahlkampffinanzierungsgesetze, also als illegale Wahlkampfspenden. Cohen habe mit der Unterdrückung der Geschichten über Trumps angebliche frühere Sexabenteuer die Wahl "beeinflussen" wollen.

Russland-Kontakte

Mehr als ein Dutzend Trump-Mitarbeiter unterhielten im Wahlkampf Kontakte zu Russen. Diese boten ihnen angeblich belastendes Material über Trumps Rivalin Hillary Clinton an sowie auch Unterstützung für Trumps Immobiliengeschäfte und die Vermittlung eines möglichen Treffens mit Staatschef Wladimir Putin.

Laut Sonderermittler Robert Mueller wurde das Trump-Team schon früh im Wahlkampf von Russen umgarnt. Ein Russe offerierte Cohen demnach im November 2015 "politische Synergie", also ein Zusammenwirken mit dem Trump-Team. Für den Fall eines Treffens mit Putin habe er einen "phänomenalen" Effekt auch für Trumps Wunschprojekt eines Hochhausturms in Moskau in Aussicht gestellt.

Die Russland-Kontakte waren per se nicht illegal. Verdächtig ist aber, dass Trump und seine Ex-Mitarbeiter sie lange leugneten. Illegal könnten die Kontakte gewesen sein, sollte die Trump-Kampagne direkte und konkrete Hilfen aus Russland bekommen haben. Die US-Wahlgesetze verbieten es, Wahlkampfhilfe von "Wert" von Ausländern anzunehmen.

Darunter könnte auch der "Schmutz" über Clinton fallen, wie er Trump-Sohn Donald junior vor seinem Treffen mit einer russischen Anwältin im Juni 2016 oder auch dem Außenpolitik-Berater George Papadopoulos angeboten worden war. Allerdings hat Mueller zumindest öffentlich bisher keine Belege vorgelegt, dass solche russischen Direkthilfen tatsächlich geleistet wurden.

Justizbehinderung

Mueller prüft auch, ob Trump als Präsident die Ermittlungen zur Russland-Affäre zu torpedieren versucht hat. Den Verdacht hat Trump durch eigene Äußerungen befördert.

So begründete er seinen Rauswurf von FBI-Direktor James Comey im Mai 2017 mit den Ermittlungen der Bundespolizei zu dieser "Russland-Sache". Und er lobte etwa kürzlich seinen langjährigen Vertrauten Roger Stone, der nun verhaftet wurde, kräftig dafür, dass er nicht gegen ihn aussagen wolle - was nach Ansicht mancher Experten den illegalen Versuch einer Zeugenbeeinflussung darstellen könnte.

Der Verdacht der Justizbehinderung wird auch dadurch genährt, dass Trumps inhaftierter Ex-Wahlkampfleiter Paul Manafort trotz seiner Kooperationsvereinbarung mit Mueller über seine Anwälte in Verbindung mit dem Weißen Haus stand. Der Kooperationsdeal ist inzwischen kollabiert - unter anderem deshalb, weil Manafort über diese Kontakte in die Machtzentrale gelogen haben soll.

Justizbehinderung kann für ein "Impeachment" reichen. Präsident Richard Nixon trat 1974 in der Watergate-Abhöraffäre zurück, nachdem ein Amtsenthebungsverfahren unter anderem wegen Justizbehinderung gegen ihn angelaufen war.