Der Machtkampf in Venezuela ist vollends entbrannt. Der oppositionelle Parlamentspräsident Juan Guaido erklärte sich am Mittwoch bei Massenprotesten gegen den linksnationalistischen Staatschef Nicolas Maduro zum Interimspräsidenten. Die USA, zahlreiche lateinamerikanische Staaten und auch die EU stellten sich hinter die Opposition. Bei Unruhen starben unterdessen 13 Menschen.
"Ich schwöre, offiziell die nationale Exekutivgewalt als amtierender Präsident von Venezuela zu übernehmen, um die Usurpation zu beenden, eine Übergangsregierung einzusetzen und freie Wahlen abzuhalten", sagte Guaido vor Anhängern in der Hauptstadt Caracas. Guaido war Anfang Jänner zum Präsidenten der von der Opposition beherrschten Nationalversammlung gewählt worden.
In einer vom Weißen Haus veröffentlichten Erklärung von US-Präsident Donald Trump hieß es daraufhin, Guaido vertrete "das einzige legitime" Staatsorgan des Landes, weil er "ordnungsgemäß" vom venezolanischen Volk gewählt worden sei. Trump rief Maduro zu einer friedlichen Machtübergabe auf und drohte ihm mit schweren Konsequenzen. "Alle Optionen sind auf dem Tisch", sagte Trump.
Abbruch der Beziehungen
Maduro verkündete als Reaktion den Abbruch der diplomatischen Beziehungen seines Landes zu den USA und gab dem diplomatischen Corps der USA 72 Stunden zum Verlassen des Landes. "Ich habe entschieden, die diplomatischen und politischen Beziehungen zur imperialistischen Regierung der Vereinigten Staaten abzubrechen", sagte Maduro. "Raus! Weg aus Venezuela. Hier herrscht Würde, verdammt."
Das US-Außenministerium stellte aber klar, Maduros Entscheidung nicht anzuerkennen. "Die Vereinigten Staaten erkennen das Maduro-Regime nicht als Regierung Venezuelas an", erklärte Außenminister Mike Pompeo. Entsprechend habe Maduro nicht die "rechtliche Befugnis", die diplomatischen Beziehungen zu den USA abzubrechen oder US-Diplomaten zu unerwünschten Personen zu erklären.
Armee entscheidend
Der Armee kommt im Machtkampf zwischen Maduro und Guaido eine entscheidende Rolle zu. Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino versicherte, die Streitkräfte des Landes würden hinter Maduro stehen und Guaido zurückweisen. Die Soldaten würden einen "im Schatten finsterer Interessen aufgezwungenen Präsidenten" ablehnen, der sich "außerhalb des Gesetzes" selbst zum Staatschef ernannt habe.
13 Tote bei Unruhen
Am Montag war ein Aufstandsversuch von 27 Soldaten gegen Maduro gescheitert. Die Situation in dem Land hatte sich seitdem verschärft. Bei Protesten und Unruhen kamen am Dienstag und Mittwoch nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Beobachtungsstelle für soziale Konflikte (OVCS) mindestens 13 Menschen ums Leben. Die meisten seien durch Schusswaffen getötet worden.
EU unterstützt Opposition
Die Europäische Union stellte sich hinter die Opposition. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, dass die EU das Parlament als demokratisch gewählte Institution unterstütze und die Stimme des venezolanischen Volkes nicht ignoriert werden dürfe. Zudem forderte sie einen "sofortigen politischen Prozess, der zu freien und glaubwürdigen Wahlen in Übereinstimmung mit der Verfassung" führt. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, er setze auf eine einheitliche Position der EU-Mitgliedstaaten zur "Unterstützung der demokratischen Kräfte" in Venezuela.
Mexiko hinter Maduro
Derweil stellten sich Mexiko und die sozialistischen Regierungen in Kuba und Bolivien hinter Maduro. "Wir werden nie wieder der Hinterhof der Vereinigten Staaten sein", erklärte der bolivianische Präsident Evo Morales mit Blick auf Washington. Mit Spannung wurde erwartet, ob sich Papst Franziskus auf dem Weltjugendtag in Panama zu der schweren Krise in Venezuela äußern würde. Das Wort des Kirchenoberhaupts hat im katholisch geprägten Lateinamerika großes Gewicht.
Maduro hatte am 10. Jänner offiziell seine zweite Amtszeit angetreten. Der größte Teil der Opposition hatte die Präsidentschaftswahl vom Mai 2018 aber boykottiert und erkennt das Ergebnis ebenso wenig an wie die EU, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder.