Donald Trump steht vor wenigen Tagen auf dem verschneiten Hubschrauberlandeplatz am Weißen Haus vor Journalisten, eine Reporterin fragt den Präsidenten der USA: "Haben Sie jemals für Russland gearbeitet?" Dass eine solche Frage überhaupt gestellt wird, dass Trump sich zu einem empörten Dementi genötigt sieht, sagt viel über die ersten zwei Jahre dieser Präsidentschaft aus.

Am Sonntag ist Halbzeit für Trumps Amtsperiode, die oft von Chaos, Skandalen und einer Außenpolitik der Abrissbirne gezeichnet ist. Und der Druck auf ihn wird zunehmen. Bei den Russland-Untersuchungen wühlt FBI-Sonderermittler Robert Mueller weiter in Trumps womöglich nicht ganz lupenreiner Vergangenheit. Wie ein Damoklesschwert schwebt ein drohendes Amtsenthebungsverfahren über Trump. Das Verfahren hätte nach derzeitigem Stand zwar keine Aussicht auf Erfolg, aber wer weiß, was Mueller zutage fördert.

Was ist mit seiner Steuer-Erklärung?

Nicht nur von Muellers Seite aus droht Trump Ungemach: Die Mehrheitsverhältnisse in Washington haben sich geändert, seit Jahresbeginn kontrollieren die oppositionellen Demokraten das Repräsentantenhaus. Sie laufen sich warm dafür, Trump in seiner zweiten Halbzeit mit eigenen Untersuchungen zu überziehen. So dürften sie etwa versuchen, sich Trumps Steuererklärungen zu beschaffen, die frühere Präsidenten freiwillig veröffentlicht haben. Trump verweigert das mit der Begründung, die Erklärungen seien "extrem kompliziert".

Für Trump ist mit den neuen Verhältnissen nach der Kongresswahl auch ein Luxus aus der ersten Halbzeit Geschichte: Dass seine Republikaner beide Kammern des US-Parlaments kontrollieren, er also bisher für viele Vorhaben gar nicht auf Stimmen der Demokraten angewiesen war. Nicht nur persönlich, auch politisch wird es für den Präsidenten ungemütlicher werden. Bei Gesetzesvorhaben ist er auf Kompromisse mit den Demokraten angewiesen - und Kompromisse sind nicht Trumps Stärke.

Der Präsident ist zufrieden mit sich

Vor der zweiten Halbzeit wird allerdings erst einmal Bilanz gezogen, und ein Urteil fällt auf jeden Fall rundum positiv aus: das von Trump über Trump. "Keine Regierung hat in den ersten zwei Jahren mehr getan als die Trump-Regierung", hat er im vergangenen Monat gesagt und in ähnlicher Form dutzendfach behauptet. Dieses Eigenlob gehört zu den 7.645 falschen oder irreführenden Behauptungen Trumps, die die "Fact Checker" der "Washington Post" zwischen der Amtseinführung des Präsidenten und dem Ende des vergangenen Jahres gezählt haben.

Es ist eine irre Zahl, im Schnitt gab Trump im abgelaufenen Jahr durchschnittlich mehr als 15 solcher Äußerungen pro Tag von sich - nach Zählung der "Washington Post" fast dreimal so viele wie noch 2017. Die Kurve in der Statistik weist seit Beginn der Zählung stetig nach oben, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass dieser Trend gebrochen würde. Das heißt nicht unbedingt, dass Trump bewusst lügt. Oft scheint es, als würde er sich einfach nicht um Details scheren. Registriert wurden auch 550 Menschen, Orte oder Dinge, die der US-Präsident beleidigt hat.

Trumps Präsidentschaft hat die Amerikaner so polarisiert, dass in einer zentralen Frage häufig kein Konsens mehr herrscht: Was ist wahr und was nicht? Nach einer Umfrage der Universität Quinnipiac vom vergangenen Juli vertrauen unter den Anhängern von Trumps Republikanern 75 Prozent darauf, dass bei wichtigen Themen eher Trump die Wahrheit sagt als die Medien.

Die Wirtschaft brummt

Dass Trumps Eigenlob einer Überprüfung nicht standhält, bedeutet nicht, dass seine Regierung keines seiner Ziele erreicht hätte: Der Präsident hat eine Steuer- und eine Strafrechtsreform durchgebracht. Trotz dem Handelskrieg, den Trump mit China vom Zaun gebrochen hat, brummt die US-Wirtschaft, die Arbeitslosenzahlen sind niedrig. Trump hat nicht nur zwei Supreme-Court-Richter ernannt, sondern auch mehr als 80 weitere Bundesrichter - alle auf Lebenszeit. Das könnte die US-Justiz auf Jahrzehnte konservativ prägen.

Schulden steigen auf 22 Billionen Dollar

Auch die republikanische Partei hat Trump auf Linie gebracht, auf wichtigen Posten sind seine Kritiker von seinen Fans ersetzt worden. Dabei verstößt Trumps Politik oft gegen republikanische Prinzipien. Ein Beispiel: Traditionell steht die Partei für Budgetdisziplin, und Trump versprach im Wahlkampf, er werde die damals mehr als 19 Billionen Dollar (16.682,76 Mrd. Euro) Staatsschulden der USA binnen acht Jahren tilgen. Stattdessen stiegen die Schulden in Trumps erster Halbzeit auf die sagenhafte Summe von fast 22 Billionen Dollar an.

Ein Milliardär als "Mittelschichtler"

Trumps erstaunlichster Erfolg als Politiker dürfte allerdings dieser sein: Dass der Milliardär vor allem weißen Angehörigen der unteren Mittelschicht weismachen konnte, einer von ihnen zu sein. Der Sender CNN nennt das "den größten Trick, den Donald Trump jemals abgezogen hat". Als Trump kürzlich beim längsten "Shutdown" der Geschichte auf die Lage der vielen Bundesangestellten angesprochen wurde, deren Gehalt wegen des teilweisen Regierungsstillstands nicht bezahlt wurde, sagte er allen Ernstes: "Ich kann das nachvollziehen."