In der Brexit-Debatte dringt Oppositionsführer Jeremy Corbyn auf ein Misstrauensvotum gegen Premierministerin Theresa May. Neuwahlen seien der richtige Weg, um aus der verfahrenen Situation herauszukommen, sagte der Labour-Chef am Donnerstag im nordenglischen Wakefield. Das Unterhaus diskutiert derzeit den Ausstiegsvertrag, auf den sich May und die EU nach zähen Verhandlungen verständigt haben.
Eine Zustimmung in London ist ungewiss. "Wenn die Regierung ihr wichtigstes Gesetz nicht durchbekommt, muss es schnellstmöglich Neuwahlen geben", betonte Corbyn. Mays Regierung erklärte sich nach Angaben von Unterhaus-Chefin Andrea Leadsom unterdessen bereit, bei einer Ablehnung schon binnen drei Tagen einen Alternativ-Plan vorzulegen.
"Neuwahl muss Vorrang haben"
Eine Neuwahl des Parlaments müsse Vorrang vor einem zweiten Brexit-Referendum haben, sagte Corbyn weiter. Sollte es aber zu keiner Parlamentswahl kommen, dann werde seine Partei nach ihrem Votum gegen Mays Ausstiegsvertrag alle Optionen auf den Tisch legen - so auch eine Initiative für eine neue Volksabstimmung. "Aber eine Wahl muss Vorrang haben. Sie ist nicht nur die praktikabelste Option, sie ist auch die demokratischste Option." Schließlich könne nur eine Labour-Regierung mit der EU einen Vertrag aushandeln, der die Briten wieder miteinander versöhne.
May dringt auf den von ihr verhandelten Brexit-Vertrag, um einen nicht zuletzt von der Wirtschaft gefürchteten ungeregelten Austritt des Landes aus der EU zu verhindern. Mays Konservative haben aber keine eigene Mehrheit und sind auf die Stimmen der nordirischen DUP angewiesen. Diese lehnt die Vereinbarung allerdings aber ab und fordert, dass der Passus zum Notfallplan für die Grenze zum EU-Mitglied Irland gestrichen wird. Ein May-Sprecher sagte, die Regierungschefin bemühe sich darum, hier noch vor dem Parlamentsvotum Zusicherungen der EU zu erhalten.
Die Abstimmung im Unterhaus ist für den 15. Jänner geplant. Ursprünglich war sie bereits im Dezember vorgesehen gewesen. May hatte sie aber kurzfristig verschoben, da sich eine Niederlage für die Austrittsvereinbarung abgezeichnet hatte. Inzwischen drängt die Zeit noch mehr; der Brexit ist am 29. März geplant.
Unterdessen kommt Mays Regierung den Abgeordneten in der Frage entgegen, in welchem Zeitraum sie beim Scheitern des Brexit-Vertrags im Parlament einen Alternativ-Plan vorlegen soll. Unterhaus-Chefin Leadsom zufolge stimmte die Regierung einer vom Parlament am Mittwoch geforderten Frist von drei regulären Sitzungstagen zu. Diese wäre bei einer Abstimmung am 15. Jänner am 21. Jänner abgelaufen, weil am 18. Jänner keine Sitzung geplant ist. Laut Brexit-Gesetz muss die Regierung einen "Plan B" erst innerhalb von 21 Tagen vorlegen.