Großbritannien will nach Informationen der BBC umgerechnet rund 120 Millionen Euro an mehrere Fährunternehmen zahlen, um im Fall eines ungeordneten Brexit das Chaos in den Häfen zu begrenzen. Wie der Sender am Samstag berichtete, schloss die Regierung in London Verträge mit drei Reedereien aus Frankreich, Dänemark und Großbritannien, um zusätzliche Fährverbindungen zum Festland zu gewährleisten. Damit sollten "Verspätungen bei der Lieferung unerlässlicher Waren" vermieden werden. Die britischen Behörden befürchten bei Grenzkontrollen Riesenstaus von Lastwagen in der Nähe der Häfen.
Die zusätzlichen Fährverbindungen entsprechen etwa zehn Prozent des derzeitigen Verkehrs am Hafen von Dover. Sie betreffen die Häfen Poole, Portsmouth und Plymouth an der Südküste Englands sowie die Häfen Immingham oder Felixstowe an Englands Ostküste. Diese könnten wöchentlich zusätzliche 4.000 Laster abfertigen.
Derzeit verkehren täglich etwa 16.000 Lastautos zwischen dem nordfranzösischen Calais und Dover in Südengland. Sie transportieren unter anderem Lebensmittel, Medikamente oder Industriegüter. Sollten nach dem EU-Austritt in drei Monaten Grenzkontrollen eingeführt werden, wird mit langen Staus auf beiden Seiten des Ärmelkanals gerechnet.
Die Verträge mit den französischen Brittany Ferries, dem dänischen Unternehmen DFDS und der britischen Seaborne-Reederei wurden ohne die übliche Ausschreibung ausgehandelt. Das Verkehrsministerium begründete das mit der "äußerst dringenden Notlage" aufgrund "unvorhergesehener Ereignisse".
Der Chef der oppositionellen Liberaldemokratischen Partei, Vince Cable, nannte das Vorgehen "völligen Wahnsinn". Die Regierung könne den ungeordneten Brexit jederzeit stoppen, stattdessen würden auf den letzten Drücker öffentliche Gelder in Millionenhöhe ausgegeben.
Großbritanniens EU-Austritt ist für den 29. März vorgesehen. Einen ungeregelten Brexit wollen sowohl London als auch Brüssel vermeiden, weil ein harter Schnitt der jahrzehntelang gewachsenen Verbindungen unabsehbare Folgen hätte. Dem fertig ausgehandelten Austrittsabkommen fehlt es bisher aber an Unterstützung im britischen Parlament.