Eigentlich müssten sich draußen Schlangen bilden. „Das ist ein großartiger Ort. Jeder möchte im Weißen Haus arbeiten“, behauptet Donald Trump regelmäßig. Doch tatsächlich drängt das Personal gerade massiv in die andere Richtung – aus der US-Regierung hinaus. Kaum hat der Präsident nach verzweifelter Suche den Posten seines Stabschefs kommissarisch besetzt, da muss der Innenminister seinen Hut nehmen. Zwar sind die Hintergründe der Personalien unterschiedlich, doch die schwindelerregende Fluktuation verstärkt den Eindruck einer Verwaltung im Chaos.

Mehr als 35 Kabinettsmitglieder und Topberater haben seit dem Amtsantritt von Trump ihren Posten bereits freiwillig oder unfreiwillig geräumt. Vor einer Woche hatte Stabschef John Kelly seinen Abschied erklärt. Der ehemalige Marine-General hatte vergeblich versucht, Ordnung ins Weiße Haus zu bringen, und seinen Chef intern als „Idioten“ bezeichnet. Davor verlor Justizminister Jeff Sessions sein Amt und Anfang Oktober setzte sich Uno-Botschafterin Nikki Haley ab.

Der für die Verwaltung des bundeseigenen Landes und der Naturschutzgebiete zuständige Innenminister Ryan Zinke muss nun unter dem Druck vieler Untersuchungen möglicher Amtsverstöße gehen. Der 57-Jährige ist unter anderem für einen anrüchigen Grundstücksdeal mit einer Ölfirma in seinem Heimatstaat Montana verantwortlich und soll Dienstfahrten für seine Ehefrau arrangiert haben.

Mit Zinke gehe „eines der schlimmsten Mitglieder des Sumpf-Kabinetts“ von Trump, urteilte Chuck Schumer, der oberste Demokrat im Senat. Tatsächlich war Zinke auch das Gesicht des umweltpolitischen Rollbacks der Trump-Regierung. Er lockerte zahlreiche Auflagen aus der Zeit des unmittelbaren demokratischen Vorgängers von Trump im Weißen Haus, Barack Obama, und erlaubte Öl- und Gasbohrungen auf öffentlichem Grund. Sein Fall erinnert an den ehemaligen Chef der Umweltbehörde EPA, Scott Pruitt, der über einen Korruptionsskandal stolperte. Amerikanische Medien rechnen nun aber nicht mit einem umweltpolitischen Kurswechsel: Der Stellvertreter von Zinke ist ein ehemaliger Öllobbyist.

Während die Nachfolge des Innenministers noch offen ist, wurde Donald Trump beim wichtigen Posten des Stabschefs vorläufig fündig: Den Job soll kommissarisch sein derzeitiger Budgetchef Mick Mulvaney, ein ultrakonservativer Ex-Kongressabgeordneter aus South Carolina, übernehmen. Wie Trump spielt der 51-jährige gut Golf. Bei der Sanierung des Haushalts war er weniger erfolgreich: Das Defizit kletterte zuletzt auf 779 Milliarden Dollar und erreichte damit den höchsten Stand seit 2012.

Vor Mulvaneys Ernennung hatte sich Trump schmerzhafte Absagen vom Stabschef seines Vizepräsidenten, von einem prominenten republikanischen Abgeordneten und vom Ex-Gouverneur von New Jersey geholt. Wie lange Mulvaney als Notnagel agieren soll, ist unbekannt. Die „New York Times“ rechnet derweil damit, dass Trump bald weitere Personalprobleme lösen muss: Handelsminister Wilbur Ross, Bildungsministerin Betsy DeVos und Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen gelten als angezählt und könnten schon in den nächsten Wochen ausscheiden.