Die italienische Regierung ringt bis zur letzten Minute um ihre neuen Haushaltsziele und sorgt damit für Nervosität an den Finanzmärkten. Das Büro von Ministerpräsident Giuseppe Conte wies am Donnerstag einen Medienbericht zurück, demzufolge eine Kabinettssitzung am Abend verschoben werde.

Auch Spekulationen über einen Abgang von Wirtschaftsminister Giovanni Tria wurden von diesem dementiert. Bis Mitternacht müssen die Haushaltspläne unter Dach und Fach sein. Das Treffen der Regierungsmitglieder soll um 18.00 Uhr (MESZ) beginnen. In Deutschland warnten Experten des Ifo-Instituts vor einer "Euro-Krise 2.0", falls in Italien die Staatsverschuldung außer Kontrolle gerät.

Die italienische Zeitung "Corriere della Sera" berichtete, die Kabinettssitzung könnte verschoben werden. Die Risikoaufschläge für italienische Anleihen schossen daraufhin in die Höhe. Vize-Regierungschef Luigi Di Maio und das Büro Contes wiesen den Bericht zurück. "Ich weiß nichts von einer Verschiebung", sagte der Chef der populistischen 5-Sterne-Bewegung in Brüssel. Er will sich nach eigenen Angaben mit Conte und anderen Ministern vor der Sitzung zu einer Vorbesprechung treffen. Di Maio sagte zudem, dass der parteilose Tria nicht zum Rücktritt aufgefordert worden sei. "Heute ist ein sehr wichtiger Tag für die neue Wirtschaftsprognose", fügte er hinzu. Auch Tria ließ einen Bericht der Zeitung "La Stampa" dementieren, wonach er wegen des Streits in der Regierung über den Haushaltsentwurf seinen Rücktritt erwäge.

Allerdings gibt es einer mit der Sache vertrauten Person zufolge im von Tria geführten Finanzministerium Prognosen, laut denen ein Defizit von über 1,9 Prozent die Fähigkeit des Landes gefährden würde, die Schulden einzudämmen. Ursprünglich hatte Tria ein Defizit von 1,6 Prozent als maximales Ziel ausgegeben, war damit aber am Widerstand der Koalitionspartnern gescheitert, die ihre Wahlversprechen durchdrücken und mehr Geld ausgeben wollen. Sie planen Steuersenkungen und höhere Sozialausgaben. Dafür sind sie bereit, ein Defizit zwischen zwei und 2,5 Prozent in Kauf zu nehmen. Tria dagegen will ein Signal an die Finanzmärkte senden, dass die Regierung in Rom verlässliche Finanzpolitik betreibt. Innenminister und Vize-Regierungschef Matteo Salvini antwortete in Tunis auf die Frage, ob ein Defizit von über zwei Prozent sinnvoll sei: "Offensichtlich ja."

Das italienische Kabinett muss den Haushaltsplan bis Mitternacht fertiggestellt haben, damit er von der EU-Kommission überprüft werden kann. Die Brüsseler Behörde hatte die Regierung in Rom mehrmals zu einer vernünftigen Ausgabenpolitik ermahnt. Bis zum 20. Oktober muss das italienische Kabinett dann das Haushaltsgesetz verabschieden.

Wenn all das umgesetzt werde, was die Regierung derzeit diskutiere, "würde dies die Staatsverschuldung sehr stark ansteigen lassen", sagte der Ifo-Konjunkturexperte Timo Wollmershäuser in Berlin. Dadurch könnte letztlich die Zahlungsfähigkeit in Gefahr geraten. "Wenn ein so großes Land des Euro-Raums in eine solche Krise gerät, und die Zahlungsfähigkeit des Landes infrage gestellt wird, dann ist die Gefahr groß, dass eine Euro-Krise 2.0 wieder ausbricht", warnte er. Der Schuldenberg Italiens ist bereits jetzt mit 131 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt der zweithöchste der Euro-Zone. Nur Griechenland muss eine höhere Verschuldung im Vergleich zur Wirtschaftsleistung schultern.