Im Konflikt um die geplante Überprüfung der österreichischen Flüchtlingspolitik durch die Vereinten Nationen hat Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) am Mittwoch UNO-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet in New York getroffen. Mit Höflichkeiten dürfte sich Kneissl dabei nicht aufgehalten haben. "Ich hatte eine offene Diskussion mit Hochkommissarin Bachelet", twitterte sie im Anschluss.

In dem Gespräch "hob ich die großzügigen österreichischen Zuwendungen für Flüchtlinge hervor und wies die UNO-Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen durch die österreichische Regierung aufs Schärfste zurück", schrieb Kneissl.

Michelle Bachelet
Michelle Bachelet © APA/AFP/FABRICE COFFRINI

Bachelet hatte vor zwei Wochen eine Überprüfung der österreichischen Flüchtlingspolitik angekündigt. Im Zusammenhang mit Österreich sagte sie laut Redetext: "Die Priorisierung der Rückkehr von Migranten aus Europa, ohne sicherzustellen, dass zentrale internationale Menschenrechtsverpflichtungen erfüllt werden, kann nicht als Schutzmaßnahme angesehen werden. Das Büro (der Menschenrechtskommissarin) erwartet die Entsendung eines Teams nach Österreich, um jüngste Entwicklungen in diesem Gebiet zu bewerten."

Die Ankündigung führte zu scharfen Reaktionen seitens der türkis-blauen Bundesregierung. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte in den Raum, dass Bachelet politisch voreingenommen sein könnte, indem er mehrfach auf ihre Vergangenheit als sozialistische Präsidentin Chiles verwies. Die Bundesregierung beschloss in der Folge auch einen Ministerratsvortrag, in dem Bachelets Aussagen als "unrichtig" zurückgewiesen wurden. Inhaltlich hieß es zur Kritik Bachelets, dass Österreich alle wichtigen Menschenrechtskonventionen ratifiziert habe und diesbezüglich hohes Ansehen genieße. Die Opposition warf dem Kanzler vor, Bachelet in seiner Reaktion herabgewürdigt zu haben. Für Kritik sorgte, dass Kurz ausgerechnet gegenüber dem ehemaligen Folteropfer Bachelet darauf verwies, die UNO solle sich jenen Staaten widmen, "wo Folter und Todesstrafe auf der Tagesordnung stehen".

Bachelet hatte neben Österreich auch Italien genannt, wo ein UNO-Team Fälle von Gewalt und Rassismus gegen Migranten untersuchen solle. Kneissls italienischer Amtskollege Enzo Moavero Milanesi traf deswegen ebenfalls mit Bachelet zusammen, wie sein Büro am Mittwoch in einer Aussendung berichtete. "Italien hält die Bedenken Bachelets für unbegründet." Ähnlich wie Österreich konterte auch Italien die Menschenrechtsbedenken der UNO mit einem Verweis auf die schiere Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge. Der italienische Vizepremier Matteo Salvini quittierte die UNO-Ankündigung vor zwei Wochen bei einem Besuch in Wien spöttisch. "Sie sollen kommen. Ich werde sie persönlich abholen, und sie dann auf den Hauptbahnhof von Rom und Mailand bringen. Dort sollen sie persönlich die Situation der Gewaltanwendung verifizieren", sagte er in Anspielung auf die dort von Migranten verübten Gewalttaten.