Russland und die Türkei wollen rund um die syrische Rebellenzone Idlib bis zum 15. Oktober eine demilitarisierte Zone einrichten. Das teilte der russische Präsident Wladimir Putin nach Gesprächen mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan am Montag in Sotschi mit.

Alle Kämpfer der Opposition müssten diese 15 bis 20 Kilometer breite Zone verlassen. Ihre Waffen sollten abgezogen werden. Türkische Soldaten und russische Militärpolizei sollten die Zone gemeinsam kontrollieren, sagte Putin. Eine Offensive auf die Rebellenhochburg wird nach den Worten des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu damit verhindert.

Die Türkei als Schutzmacht der Opposition versucht, syrische und russische Truppen von einem Angriff auf Idlib abzubringen, um ein drohendes Blutbad zu vermeiden. Ein Gipfeltreffen zwischen der Türkei, Russland und dem Iran am 7. September hatte zunächst keine Annäherung gebracht.

Putin und Erdogan haben nun in der russischen Schwarzmeerstadt mehr als vier Stunden lang über den Syrien-Konflikt beraten. Die demilitarisierte Zone soll nach Angaben von Putin von türkischen und russischen Patrouillen kontrolliert werden. Schwere Waffen wie Panzer und Raketenwerfer sollen aus der Zone abgezogen werden. Auch "alle radikalen Kämpfer" wie die Jihadistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) sollen die Zone verlassen.

Nach der Einigung zwischen Putin und Erdogan schloss Schoigu eine Militäroffensive aus. Auf die Frage, ob es nun keinen Angriff der Regierungstruppen auf Idlib geben werde, antwortete der Verteidigungsminister mit "Ja", wie die russischen Nachrichtenagenturen Interfax und Tass berichteten.

Massenflucht erwartet

Russland unterstützt im Syrien-Konflikt den syrischen Machthaber Bashar al-Assad, seit 2015 auch militärisch. Die Türkei steht auf der Seite der Rebellen. Derzeit bereitet sich die syrische Armee auf eine Offensive auf die Provinz Idlib vor, die überwiegend von islamistischen Kämpfern kontrolliert wird. Da es die letzte Rebellenhochburg in Syrien ist, werden erbitterte Gefechte und eine Massenflucht erwartet, vermutlich auch in die Türkei.

Erdogan will eine Offensive auf Idlib daher unbedingt verhindern. Russland hatte dagegen Unterstützung für einen Angriff auf die Provinz bekundet, um die "Terroristen" dort zu besiegen.

Humanitäre Katastrophe verhindern

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte am Freitag bei einem Besuch in Berlin, es sei keine Großoffensive auf Idlib geplant. Russland werde zudem alles unternehmen, um ein Leiden der Zivilbevölkerung zu verhindern. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin bekräftigte am Montag, dass eine "humanitäre Katastrophe" in Idlib verhindert werden müsse.

Am Sonntag hatte die Türkei einem Medienbericht zufolge bereits einen ihrer Beobachtungsposten in Idlib stark aufgerüstet. Wie die Zeitung "Hürriyet" berichtete, brachte ein Konvoi von 50 Militärfahrzeugen Panzer und andere militärische Ausrüstung zu dem Beobachtungsposten in Jisr al-Shughur im Südwesten von Idlib. Es handelte sich demnach um die größte militärische Verstärkung der Türkei in der nordsyrischen Provinz seit Anfang September.

Waffenruhe

Die Türkei unterhält in Idlib zwölf Beobachtungsposten, um die Einhaltung einer Waffenruhe zwischen den syrischen Regierungstruppen und Rebellen zu überwachen, die dort mit Russland und dem Iran vereinbart worden war. Auf den Beobachtungsposten sind mehrere hundert türkische Soldaten stationiert.