Eine Besuchergruppe um den SPD-Bundestagsabgeordneten Sören Bartol ist am Samstag in Chemnitz nach eigenen Angaben von Rechtsradikalen überfallen worden. "Meine Gruppe aus Marburg wurde gerade auf dem Weg zum Bus von Nazis überfallen", schrieb der hessische SPD-Politiker am Samstagabend auf Twitter. Alle SPD-Fahnen seien "zerstört", einige seiner Begleiter "sogar körperlich angegriffen" worden.

Er fügte hinzu: "Ich bin entsetzt" und "Was ein Schock". Die Polizei sei "schnell" da gewesen und habe "einen guten Job gemacht". Seine Gruppe sei dann von der Polizei bis zum Bus begleitet worden.

Rangeleien zwischen Kleingruppen

Nach dem offiziellen Ende der Rechten-Kundgebung mit mehreren tausend Teilnehmern kam es am Abend zu Rangeleien "zwischen Kleingruppen von Störern beider politischen Lager", wie die Polizei auf Twitter mitteilte. Es seien Kräfte der Bundespolizei dort zum Einsatz gekommen, auch Wasserwerfer seien hinzugezogen worden.

Der Großteil der Kundgebungsteilnehmer reise aber friedlich ab. Kurz nach 22.00 Uhr fügte die Polizei hinzu, dass nun einige der Sicherheitskräfte aus dem Einsatz entlassen würden. Die Polizei sei aber die ganze Nacht über mit Streifen in Chemnitz unterwegs.

"Herz statt Hetze"

In Chemnitz gingen eine Woche nach ausländerfeindlichen Ausschreitungen wieder mehrere Tausend Menschen bei  Kundgebungen auf die Straße. Die AfD hatte zu einem Trauermarsch in Gedenken an den getöteten Deutschen aufgerufen. Auch die rechte "Bürgerbewegung Pro Chemnitz" demonstrierte. Unter dem Motto "Herz statt Hetze" veranstalten mehrere Vereine, Gewerkschaften, SPD, Grüne und Linke eine Gegenkundgebung. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz und rechnet mit tausenden Demonstranten. Viele Geschäfte waren geschlossen. Gegen16 Uhr waren Vertreter von "Pro Chemnitz" vor dem Karl-Marx-Monument aufmarschiert. Gegendemonstranten trafen am Bahnhof von Chemnitz ein. Darunter Mitglieder des berüchtigten schwarzen Blocks.

Die Polizei bezeichnete die Lage am Abend als spannungsgeladen. Sie musste mehrfach gegen Demonstranten einschreiten. Die Demonstration der AfD löste sich nicht auf. Die Polizei brachte deshalb Wasserwerfer in Stellung. Immer wieder kam es zu Tumulten. Kleinere Gruppen von rechten und linken Demonstranten prallten aufeinander.Gegen 20.30 löste sich dann aber auch die letzte Versammlung auf. Die meisten Demonstranten gingen nach Hause. 

Später wurde bekannt, dass ein Kamerateam des MDR am Rande der Demos attackiert wurde. Das Team hatte von einem Balkon aus filmen wollen, als es von einem Mann attackiert wurde. Ein Kameramann wurde dabei die Treppe hinuntergestoßen, schilderte ein Mitglied des Teams.Ein Bündnis von Bürgern, Unternehmen und Wissenschaftern aus Chemnitz hat die Bewohner der Stadt unterdessen zu mehr Engagement für ein friedliches Miteinander aufgerufen. Vor der angekündigten Großdemonstration gegen Fremdenfeindlichkeit und erwarteten Protesten von Rechtsextremen forderte auch Außenminister Heiko Maas (SPD), für die Demokratie einzutreten.

Das Bündnis veröffentlichte am Samstag etwa in der Chemnitzer "Freien Presse" oder der "Süddeutschen Zeitung" großformatige Anzeigen mit dem Aufruf "Chemnitz ist weder grau noch braun". Zu den Unterzeichnern gehören zahlreiche in Chemnitz ansässige Firmen.

Chemnitz habe "seine guten Seiten und seine Probleme", heißt es in dem Aufruf. Die Stadt könne aber nicht mit "Hass, Gewalt, Intoleranz und vor allem Wegschauen" leben. In den vergangenen Jahren sei aus einer grauen Stadt ein buntes, lebenswertes Chemnitz geworden. "Wir müssen und wollen uns wieder einschalten, damit aus bunt nicht braun wird." Vor allem wolle das Bündnis zeigen, das die Mehrheit in der Stadt "demokratisch und offen denkt". Diese Verantwortung müsse jeder übernehmen.

Vor 79 Jahren habe der Zweite Weltkrieg begonnen, schrieb Maas auf Twitter anlässlich des Jahrestages. Deutschland habe unvorstellbares Leid über Europa gebracht. "Wenn heute wieder Menschen mit Hitlergruß durch die Straßen ziehen, bleibt unsere Geschichte Mahnung und Auftrag, entschlossen für Demokratie einzutreten." In der Nacht auf Sonntag war ein 35-jähriger Deutscher getötet worden. Zwei Männer aus Syrien und dem Irak sitzen deswegen in Untersuchungshaft. Darauf kam es zu Demonstrationen, an denen sich gewaltbereite Rechtsextreme beteiligten sowie zu Angriffen auf Ausländer. Bei Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken wurden mehrere Menschen verletzt.