Das Votum jener, die ihr Wahlrecht genutzt hatten, fiel mehr als eindeutig aus: Knapp 72 Prozent der Austrotürken, die bei der türkischen Präsidentenwahl ihre Stimme abgegeben hatten, taten dies für den Amtsinhaber.

Für den Soziologen und Integrationsexperten Kenan Güngör kommt es nicht wirklich überraschend, dass es unter den Türken in Österreich erneut eine sehr hohe Zustimmung für Recep Tayyip Erdogan gab: „Schon bei den vergangenen Wahlen konnte vor allem seine Partei mobilisieren.“ Es sei eine Tatsache, dass viele der Türken in Österreich ursprünglich aus traditionellen AKP-Hochburgen gekommen seien und der konservativen Fraktion angehörten. Dass das Zusperren verdächtiger Moscheen, das es zuletzt gab, sowie das Wahlauftrittsverbot für Erdogan in Österreich ihr Wahlverhalten beeinflussten, glaubt Güngör nicht – dieser Effekt sei „eher kurzfristig“. Im Fokus stünden für sie eher Themen wie nationalistische Konflikte in der Türkei.

Kritik an Freudensbekundungen

Lautstarke Freudensbekundungen von Hunderten Austrotürken, die es am Sonntagabend in Wien-Favoriten gab, sieht Güngör an sich kritisch – werde damit nicht zuletzt ein Regime bejubelt. Man solle aber bei aller Missbilligung nicht übersehen, dass auch die heimische Regierung zu antiliberalen Politikern wie Wladimir Putin Kontakt suche.

Erdoan lag zudem in Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und in Kasachstan vorne. Herausforderer Muharrem Ince überzeugte mehrheitlich Auslandstürken in den USA, in Kanada, Australien, Russland und China. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu beziffert die Wahlbeteiligung der insgesamt drei Millionen Auslandstürken mit knapp 48 Prozent. Auch in Österreich gab etwa die Hälfte der 100.000 Wahlberechtigten ihre Stimmen ab.

In Deutschland hielt sich der einstige Grünen-Chef Cem Özdemir mit Kritik am Wahlverhalten der Deutschtürken nicht zurück: „Die feiernden deutschtürkischen Erdogan-Anhänger jubeln nicht nur ihrem Alleinherrscher zu, sondern drücken damit zugleich ihre Ablehnung unserer liberalen Demokratie aus. Wie die AfD eben“, so der Bundestagsabgeordnete. „Das muss uns alle beschäftigen“, mahnt er.