Die politische Krise in Italien spitzt sich zu. Der designierte italienische Ministerpräsident Carlo Cottarelli scheint bei der Zusammensetzung seiner Ministerliste für eine parteiunabhängige Übergangsregierung auf zunehmende Probleme zu stoßen.

Der Lombarde traf am Dienstagnachmittag Staatschef Sergio Mattarella. Es war erwartet worden, dass der 64-jährige Wirtschaftsexperte dem Staatsoberhaupt seine Ministerliste vorlegen würde. Cottarelli verließ jedoch nach einem Gespräch von circa 45 Minuten den Präsidialpalast kommentarlos. Ein Sprecher des Präsidialamts teilte mit, dass es am Mittwochvormittag zu einem weiteren Treffen zwischen dem designierten Premier und dem Präsidenten kommen werde.

Insider spekulierten über Probleme bei der Zusammenstellung der Ministerliste. "Wir sind dabei, einige Aspekte bezüglich der Ministerliste zu vertiefen, doch wir werden dazu nicht lange brauchen", berichtete Cottarelli am Abend nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Damit dementierte Cottarelli Spekulationen, nach denen er das Handtuch werfen wolle, da seine Übergangsregierung bei der Vertrauensabstimmung keine Mehrheit zustande bringen dürfte.

Cottarelli war am Montag mit der Regierungsbildung beauftragt worden, nachdem Versuche zur Bildung einer Regierung aus den europakritischen Parteien Lega und Fünf Sterne-Bewegung gescheitert waren.

Die Chancen, dass Cottarelli mit seinem Übergangskabinett das Vertrauen des italienischen Parlaments erhält, schwinden immer mehr. Die bisher in Rom regierende Demokratische Partei (PD) prüft die Stimmenthaltung bei der Vertrauensabstimmung, die voraussichtlich noch diese Woche stattfinden soll. Die stärksten im Parlament vertretenen Parteien wollen gegen das Übergangskabinett stimmen. Sie drängen auf sofortige Neuwahlen. "Die Regierung Cottarelli ist eine Totgeburt", kommentierte die italienische Tageszeitung "Il Fatto quotidiano".

Neuwahlen schon im August?

Sollte Cottarelli wirklich das Handtuch werfen, würde dies zu Neuwahlen Ende Juli, oder Anfang August führen, wie es Lega und Fünf Sterne-Bewegung mit Nachdruck verlangen. Bisher hat Italien noch nie im Sommer gewählt. Eine Koalitionsregierung von Lega und Fünf Sterne-Bewegung, die als Wahlsieger aus den Parlamentswahlen am 4. März hervorgegangen waren, war an Mattarellas Veto gegen den euroskeptischen Ökonomen Paolo Savona als Wirtschaftsminister gescheitert.

Die Lega wendete sich indes an die Ratingagenturen. "Den Ratingagenturen sage ich, dass die Lega Italien nicht in den Ruin treiben will", betonte Lega-Chef Matteo Salvini auf Facebook. Die Regierungskrise in Italien hat die 10-Jahresrenditen für das Land am Dienstag auf den höchsten Stand seit März 2014 getrieben. Mit 3,345 Prozent war die Refinanzierungsrate für das Euroland so teuer wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr.