Zwei Tage vor der Amtseinführungvon Präsident Wladimir Putin hat die russische Polizei den OppositionellenAlexej Nawalny und mehr als 1300 seiner Anhänger bei Demos festgenommen. Der Anti-Korruptions-Aktivist hatte für Samstag landesweit zu Protesten gegen Putin aufgerufen unter dem Motto: "Kein Zar für uns!". Bis zum Abend berichtete das Bürgerrechtsportal OWD-Info von etwa 1350 Festnahmen.

Die Polizei sprach offiziell nur von 300 Festnahmen in der
Hauptstadt, OWD berichtete von 600 Festnahmen in Moskau. Den
Oppositionellen drohen mehrtägige Arreststrafen. Putin, der Russland
seit 18 Jahren führt, wird am Montag im Kreml in Moskau den Eid für
eine weitere sechsjährige Amtszeit ablegen.

"Wir werden die Behörden, die aus Betrügern und Dieben bestehen,
zwingen, jene Millionen Bürger zu berücksichtigen, die nicht für
Putin gestimmt haben", erklärte Nawalny vor den Protestaktionen. Er
erschien ungehindert auf dem Puschkinplatz im Zentrum von Moskau.
Dort waren nach Augenzeugenberichten mehrere Tausend meist junge
Anhänger versammelt, die Polizei sprach von 1500 Menschen. Das
Auftauchen Nawalnys endete aber wie bei mehreren Kundgebungen zuvor: Die Polizei zerrte ihn aus der Menge und führte ihn ab. Begründet
wurde die Festnahme damit, dass er eine unerlaubte Protestaktion
organisiert habe.

Reihenweise nahm die Polizei in Moskau Demonstranten fest.
Reihenweise nahm die Polizei in Moskau Demonstranten fest. © APA/AFP/MAXIM ZMEYEV

Die Beamten gingen grob gegen Demonstranten vor und setzten
Schlagstöcke ein. Um den Platz für Nawalny-Anhänger zu blockieren,
hatten sich nach Angaben von Augenzeugen auch Männer in
Kosakenuniform und kremltreue Bürger am Puschkin-Denkmal versammelt.

Die Kundgebungen in etwa 90 russischen Städten richteten sich
gegen Putins lange Herrschaft, gegen Korruption und Internetzensur
in Russland. Nawalny wollte damit auch an Massendemos gegen Putins
Amtseinführung 2012 anknüpfen. Damals war Putin in einem
vereinbarten Ämtertausch mit Dmitri Medwedew wieder Staatschef
geworden. Er zerschlug den Protest mit harten Strafen gegen die
Organisatoren.

Die jetzigen Proteste fielen kleiner aus, sie mobilisierten auch
weniger Teilnehmer als Nawalny-Demonstrationen vergangenes Jahr. An einem Protesttag im März 2017 hatte die Polizei etwa 1500
Demonstranten festgenommen. Von der Präsidentenwahl in diesem März
war Nawalny (41) mit einer juristisch fragwürdigen Vorstrafe
ferngehalten worden. Putin (65) siegte mit dem Rekordergebnis von
fast 77 Prozent der Stimmen.

Martialische Bilder aus St. Petersburg.
Martialische Bilder aus St. Petersburg. © AP

Viele Festnahmen gab es nach Angaben von OWD-Info auch in St.
Petersburg (180) und Tscheljabinsk in Sibirien (164). Vielerorts
waren die Demonstrationen mit den Behörden abgestimmt, in anderen
Städten wurde die Zustimmung entgegen den rechtlichen Bestimmungen
verweigert, so in Moskau. Auf dem Schlossplatz in St. Petersburg
wurde unerwartet eine Probe für die Militärparade zum Tag des Sieges
am 9. Mai anberaumt.

Der heute 65-jährige Putin ist entweder als Präsident oder
Ministerpräsident seit dem Jahr 2000 an der Macht. Seine Anhänger
loben ihn als Politiker, der den Russen den Nationalstolz
zurückgebracht hat und den Einfluss seines Landes mit Interventionen
wie in der Ukraine oder in Syrien ausgebaut hat. Die Opposition
wirft ihm vor, immer autokratischer zu regieren und Rivalen keine
Chance zu lassen.