US-Präsident Donald Trump hält sich nach dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf die Rebellenenklave Duma bei Damaskus die Option eines Militärschlags gegen Syrien offen. "Nichts ist ausgeschlossen", sagte Trump am Montag bei einer Kabinettssitzung auf eine entsprechende Frage.

Derzeit werde die Lage analysiert und auch mit den Militärs besprochen. Wahrscheinlich werde er noch am Montag eine Entscheidung treffen. "Wir werden herausfinden, ob es Russland, Syrien, Iran oder alle zusammen waren", sagte Trump, der von einem abscheulichen Angriff auf Zivilisten sprach.

Auch US-Verteidigungsminister James Mattis hat militärische Schritte gegen die syrische Regierung nicht ausgeschlossen.

James Mattis
James Mattis © APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Er schließe zu diesem Zeitpunkt nichts aus, sagte Mattis am Montag auf die Frage eines Journalisten nach eventuellen Luftangriffen auf syrische Ziele.

Nach Angaben von Aktivisten und Hilfsorganisationen sollen bei dem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in der Region Ost-Ghouta Dutzende Menschen getötet und Hunderte verletzt worden sein. Mattis sagte, die USA wollten den Vorfall gemeinsam mit Verbündeten und Partnern thematisieren.

Westen unter Druck

Der mutmaßliche Giftgaseinsatz setzt den Westen unter Druck. US-Präsident Donald Trump hatte dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad bereits gedroht und am Wochenende getwittert, das "Tier Assad" werde einen hohen Preis zahlen.

Die britische Regierung forderte vor einer Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats eine gemeinsame "starke und robuste internationale Reaktion". Es dürfe keine Option ausgeschlossen werden, sagte ein Regierungssprecher am Montag.

"Auch bei diesem Giftgaseinsatz deuten die Umstände auf die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes hin", sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. "Das Vorgehen des Regimes ist abscheulich, es ist menschenverachtend und es verstößt gegen elementare Regeln des humanitären Völkerrechts und das darf nicht ungesühnt bleiben."

Auch US-Präsident Donald Trump und sein französischer Kollege Emmanuel Macron zeigten sich überzeugt, dass am Samstag in Duma Chemiewaffen eingesetzt wurden. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich erschüttert über die Berichte und vermutet ebenfalls die syrische Regierung hinter dem Vorfall.

© AP

Die syrische Regierung hat die Vorwürfe zurückgewiesen, Giftgas eingesetzt zu haben. Unterstützung bekam sie von Russland. Russische Militärspezialisten seien bereits für Untersuchungen vor Ort gewesen und hätten keinerlei Spuren von Chlorgas gefunden, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag. Es sei "falsch und gefährlich", Rückschlüsse ohne bestätigte Informationen zu ziehen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Er verwies auf frühere Angaben russischer Regierungsvertreter, denen zufolge syrische Rebellen mit dem Einsatz chemischer Waffen provozieren wollten. Lawrow bezeichnete es zudem als gefährliche Entwicklung, dass in der Nacht eine syrische Militärbasis bei Homs beschossen worden sei.

Israel

Russische und syrische Staatsmedien machten Israel für diesen Angriff verantwortlich. Israel äußerte sich dazu nicht. Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte wurden mindestens 14 Menschen getötet.

Zwei Kampfjets vom Typ F-15 hätten den Stützpunkt T-4 vom libanesischen Luftraum aus mit acht Raketen beschossen, meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das russische Vereidigungsministerium. Fünf Geschoße seien von der syrischen Raketenabwehr abgeschossen worden. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete unter Berufung auf Militärkreise der Angriff sei eine "israelische Aggression" gewesen.

Israel hat wiederholt Armeestellungen in Syrien angegriffen. Ziel waren häufig Konvois und Stützpunkte von Milizen, die vom Iran unterstützt werden und an der Seite Assads Aufständische bekämpfen. Die T-4-Basis hat der Iran nach israelischen Angaben genutzt, um die schiitische Miliz Hisbollah mit Waffen zu versorgen. Nach Angaben von Experten ist auf dem Flugplatz auch ein großes russisches Militärkontingent stationiert. Demnach starten von dort regelmäßig Kampfjets zu Angriffen auf Rebellengebiete.

Sowohl die USA als auch Frankreich wiesen eine Beteiligung an dem Angriff auf die Basis umgehend zurück. Macron hatte im Februar mit einem französischen Militärschlag gedroht, sollten syrische Regierungstruppen mit C-Waffen Zivilisten töten. Das syrische Staatsfernsehen hatte zunächst berichtet, der Angriff auf die Militärbasis gehe sehr wahrscheinlich auf die USA zurück. Trump hatte am Sonntag mit Vergeltung auf den Angriff in Duma gedroht. Russlands Präsidenten Wladimir Putin und den Iran attackierte er direkt. Sie seien verantwortlich, weil sie Syriens Staatschef Bashar al-Assad unterstützten. Assad bezeichnete er dabei als Tier. Für den C-Waffen-Angriff werde "ein hoher Preis zu zahlen" sein. Wenige Stunden später meldeten syrische Medien den Angriff auf den Luftwaffen-Stützpunkt T-4.

Nach Einschätzung der USA und Frankreichs besteht kein Zweifel, dass in Duma Giftgas eingesetzt wurde. Trump und Macron tauschten nach französischen Regierungsangaben in einem Telefonat Informationen und Analysen aus, die die Verwendung chemischer Waffen bestätigten. Wer für den Einsatz verantwortlich sei, müsse noch geklärt werden, hieß es in der Mitteilung aus Paris.

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) teilte mit, alle verfügbaren Informationen über den Angriff in Duma würden zusammengetragen. Der Leiter der Gruppe, Ahmet Uzumcu, erklärte, er sei "tief besorgt wegen des angeblichen Chemiewaffenangriffs am 7. April in Duma".

UNO-Ermittler haben mehr als 30 C-Waffen-Angriffe in Syrien dokumentiert, 27 haben sie der Assad-Regierung zugeschrieben. Diese hat wiederholt erklärt, keine C-Waffen einzusetzen. Noch am Montag sollte sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf Antrag Russlands und in einer zweiten Sitzung auf Drängen der USA mit Syrien befassen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan äußerte bei einem Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin unterdessen seine "Besorgnis" über die Angriffe auf die letzte syrische Rebellenbastion in Ost-Ghouta. Wie das türkische Präsidialamt mitteilte, betonte Erdogan bei dem Telefonat mit Putin die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Russlands, "um den Tod von Zivilisten zu verhindern und den Zugang humanitärer Hilfe zu ermöglichen".