China will "die Weltmacht Nummer eins" werden. Das konstatierte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (WKÖ) am Samstag in Peking anlässlich des von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angeführten Staatsbesuchs im Reich der Mitte.
Zumal es gerade in Ländern, wo Staat und Politik stark verquickt sind, wichtig sei, auch politisch Präsenz zu zeigen. "Amerika tritt ab, China tritt an", sparte Leitl nicht mit starken Worten. Bereits 2025 werde China die USA wirtschaftlich eingeholt haben. Zudem dränge Pekings Führung auch politisch und militärisch an die Weltspitze.
"Nun müssen wir den Stellenwert Europas definieren." Jenen von Österreich in Asien betrachtet der WKÖ-Chef mit Sorge. "Es ist eine Schwäche, dass wir im Außenhandel 80 Prozent in Europa abwickeln und nur 20 Prozent Overseas." Im asiatischen Bereich seien es überhaupt nur zehn Prozent. "Das ist zu wenig für die Dynamik, die hier Platz greift."
Zwar habe China immer noch große Probleme im Umweltbereich - selbst wenn bei der Ankunft Van der Bellens und vier Vertretern der schwarz-blauen Bundesregierung in Peking am Samstag von Smog keine Spur war, vielmehr die Sonne vom Himmel strahlte - und leide darunter, dass das Landesinnere im Vergleich zu den Küstenregionen hinterherhinke.
"Niemand ergreift die Flucht"
Zudem gebe es durchaus Bereiche, die österreichischen Unternehmen in China Sorge machten. Etwa die Einschränkung des Internet, die Rechtssicherheit und der Einfluss der Kommunistischen Partei auf die Wirtschaft. Dennoch sei China für österreichische Firmen ein interessanter Markt. "Niemand ergreift die Flucht", so Leitl.
Auch verfolge China ehrgeizige Ziele wie etwa die "Neue Seidenstraße". Diese Wirtschaftsroute soll die Asien mit Afrika und Europa verbinden. Im Idealfall soll sie einmal dank der Verlängerung der Transsibirischen Breitspur-Eisenbahn bis ins burgenländische Parndorf, also knapp vor die Tore Wiens reichen.
Im Wettbewerb zwischen den alteingesessenen Kontinenten Amerika und Europa mit aufstreben Mächten wie China gehe es auch um einen "Wettbewerb der Regierungssysteme", erklärte Leitl. Das habe ihm bei einem der letzten Treffen der chinesische Präsident Xi Jinping gesagt. Xi habe damals die Frage gestellt, wie lange es in Europa dauere, bis eine neue Straße gebaut werde. Der chinesische Staatschef habe die Antwort gleich selbst gegeben. "12 Jahre. Zehn Jahre Planung und zwei Jahre Bauen. Da hat er sogar untertrieben", meinte der WKÖ-Chef.
Es müsse in Europa und damit Österreich daher gelingen, diese Prozesse zu beschleunigen und beispielsweise zu starre Regulierungen aufzubrechen. In einem Punkt setzt Leitl allerdings auf Kontinuität. Gerade im Außenhandel sei die Tätigkeit der Wirtschaftskammer als Türöffner und Kontakthersteller unersetzlich. "Wenn wir die Kammer abschaffen, wer macht das dann? Da habe ich noch keine Antwort bekommen."
Schweinefleisch auf dem Weg nach China
Wie wichtig die Umtriebigkeit der WKÖ im Ausland sei, unterstrich auch der österreichische Handelsdelegierte in Peking, Martin Glatz. Vor Kurzem sei beispielsweise erreicht worden, dass fünf österreichische Schlachtunternehmen künftig Schweinefleisch nach China exportieren dürfen. Ob Österreich nun die durch die jüngsten Überwerfungen entstandenen Ausfälle der USA wettmachen könne, sei freilich ungewiss, meinte Glatz. Die Qualität sei "sicher besser".