Ein Stein vom Herzen fiel vor allem auch der amtierenden Kanzlerin: CDU-Chefin Angela Merkel hat sich erleichtert über die unerwartet deutliche Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einer neuen Großen Koalition gezeigt. "Ich gratuliere der SPD zu diesem klaren Ergebnis und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes", twitterte die CDU im Namen Merkels am Sonntag.

Auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner reagierte erfreut auf das Ja der SPD-Basis zur Neuauflage der Großen Koalition. "Es ist gut, dass nun Klarheit bei der SPD herrscht und sie sich Monate nach der Bundestagswahl für das Eintreten in eine neue Regierung entschlossen hat", erklärte Klöckner am Sonntag in Berlin. "Das ist in dieser Situation das einzig Richtige und Verantwortungsvolle." Dennoch: Es ist eine Zwangsheirat zwischen Union und SPD:

Deutschland und Europa warteten auf eine stabile Regierung. "In Zeiten der schnellen Veränderungen, auch auf europäischer Ebene, ist Verlässlichkeit gefragt", erklärte Klöckner. Zuvor hatte die SPD bekanntgegeben, dass beim Mitgliederentscheid rund 66 Prozent für die Neuauflage des Regierungsbündnisses mit CDU und CSU gestimmt hatten. auch  CSU-Chef Horst Seehofer hat die klare Zustimmung der SPD-Basis zu einer Neuauflage der Großen Koalition begrüßt. "Das Ergebnis ist eine gute Grundlage für eine stabile Bundesregierung."

Mitte März soll die Große Koalition ("Groko") Fahrt aufnehmen:

Die EU-Kommission hat die Zustimmung der SPD-Basis zu einer Neuauflage der Großen Koalition begrüßt. "Glückwunsch an meine SPD-Freunde für ihre verantwortungsvolle und entscheidende Abstimmung", schrieb Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Deutschland sei jetzt bereit, sich für ein "stärkeres Europa" einzusetzen, fügte der Franzose hinzu.

Auch der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, reagierte erleichtert. "Unsere Genossen haben sich eindeutig für GroKo entschieden", schrieb der Stellvertreter von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei Twitter. "GroGO! für Solidarität in D und EU!", fügte Timmermans hinzu.

Die EU-Kommission sowie insbesondere der französische Präsident Emmanuel Macron hatten umfangreiche Vorschläge für die Reform der EU und der Eurozone vorgelegt. Ohne eine handlungsfähige deutsche Regierung lagen die Pläne auf Eis.

Bei Österreichs Politikern herrscht Funkstille.

Erleichterung auch bei der SPD

Die SPD-Spitze will in eine neue Große Koalition je zur Hälfte weibliche und männliche Minister entsenden. Das kündigte der kommissarische SPD-Vorsitzende Olaf Scholz am Sonntag in Berlin an, nachdem die Mitglieder mit rund 66 Prozent für die Annahme des Koalitionsvertrags mit der Union gestimmt hatten.

Olaf Scholz: Fix gesetzt für das Amt des Finanzministers und als Vizekanzler
Olaf Scholz: Fix gesetzt für das Amt des Finanzministers und als Vizekanzler © APA/AFP/DPA/KAY NIETFELD

Die SPD werde sich in den kommenden Tagen wie geplant Zeit für die Aufstellung ihrer Ministerliste nehmen. Unter den Ressortchefs werden laut Scholz einige Minister sei, die schon bisher amtierten, einige würde neu hinzukommen. Scholz selbst gilt als gesetzt für das Amt des Finanzministers und als Vizekanzler.

Spitzenpolitiker der SPD haben mit Erleichterung auf die Zustimmung der Parteibasis zu einer neuen Großen Koalition reagiert. Die designierte Parteivorsitzende Andrea Nahles sagte, sie sei "froh" über den Ausgang des Mitgliedervotums. "Es waren einige überrascht, dass es jetzt so deutlich war", fügte die Chefin der SPD-Bundestagsfraktion mit Blick auf die Zustimmung von rund 66 Prozent hinzu.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schrieb auf dem Onlinedienst Twitter: "Danke für die leidenschaftliche Debatte der letzten Wochen." Jetzt gelte es, vernünftig zu regieren und die SPD zu erneuern. Der SPD-Vorstand beriet am Wochenende auf einer Klausurtagung in Berlin über die politische Neuaufstellung der Partei. Der SPD-Parteitag im Dezember hatte beschlossen, einen Prozess für die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms zu starten.

Die stellvertretende SPD-Chefin Malu Dreyer sprach von einem "sehr klaren Ergebnis", das die Partei stärke. Die Neuauflage der Großen Koalition bezeichnete sie als "Zweckentscheidung". Für dieses Bündnis gebe es "wenig Leidenschaft" in der SPD. "Dennoch glaube ich, dass das klare Ergebnis denen, die in die Regierung gehen, auch Rückenwind geben wird."

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sagte vor Journalisten: "Das ist ein viel deutlicheres Ergebnis, als ich erwartet hatte. Damit geben uns die Mitglieder einen großen Rückhalt für die Regierungsarbeit."

Enttäuschung bei Jungen und Linken

Der Juso-Vorsitzende und entschiedene Gegner einer neuen Großen Koalition, Kevin Kühnert, hat sich hingegen enttäuscht über den Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids gezeigt. "Sind angetreten, um zu gewinnen. Daher erstmal: Enttäuschung", schrieb er am Sonntag auf Twitter. "Kritik an Groko bleibt." Doch Kühnert gibt nicht auf: "Die SPD muss mehr sein, wie in den letzten Wochen und weniger, wie in den letzten Jahren. Dafür werden wir Jusos Sorge tragen - kein SPDerneuern ohne uns. Morgen geht's los." 

Die Führung der Linkspartei rechnet nach dem Ja der SPD zur großen Koalition mit einer unsozialen Politik der neuen Regierung. "Eine gespaltene SPD und eine lustlose Union" kehrten auf die Regierungsbank zurück", erklärten die Linken-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger am Sonntag in Berlin.

Deutsche Wirtschaftsverbände haben das Votum der SPD-Mitglieder für die Neuauflage der Großen Koalition begrüßt. "Endlich haben wir Gewissheit, dass noch vor Ostern eine neue entscheidungs- und handlungsfähige Regierung das Ruder übernimmt", erklärte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer.

Erleichterung bei FDP und Grünen

FDP-Chef Christian Lindner konzentriert sich auf die Oppositionsrolle seiner Partei. "Wir freuen uns auf smarte Oppositionsarbeit", schrieb Lindner am Sonntag auf dem Onlinedienst Twitter.

Das Ergebnis des Mitgliedervotums der Sozialdemokraten kommentierte er: "Respekt - es wäre auch ein Rätsel gewesen, wenn die SPD sich einem Koalitionsvertrag mit 70 Prozent eigenem Inhalt verweigert hätte."

Grünen-Chefin Annalena Baerbock setzt nach dem Ja der SPD zur Neuauflage der Großen Koalition auf eine baldige Regierungsbildung in Berlin. "Gut, dass die politische Hängepartie endlich vorbei ist", schrieb Baerbock am Sonntag auf Twitter. "'GroKo'-Leerstellen wie bei Klima, Pflege, Kinderarmut müssen aus dem Parlament heraus gefüllt werden." Die Grünen würden "dafür alles geben".

Der frühere Parteichef Cem Özdemir schrieb auf Twitter: "Habemus GroKo (Wir haben eine GroKo). Glückwunsch!" Er kündigte eine "konstruktive Opposition" an, die zum Dialog bereit sei.