Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hat sich am Samstag den Protesten gegen die Gerichtsreform der polnischen Regierung angeschlossen. Der frühere Präsident rief die Polen auf einer Kundgebung in Danzig dazu auf, das Erbe der demokratischen Revolution nach dem Ende des Kommunismus 1989 zu retten.

"1989 haben wir Euch ein demokratisches Polen gegeben", rief er unter dem Jubel der Menge. "Ihr musst nun dafür kämpfen - mit allen Mitteln." Walesa warf der rechtsnationalistischen Regierung in Warschau vor, die demokratischen Errungenschaften der Kämpfer gegen die kommunistische Herrschaft zu verspielen. "Unsere Generation hat es geschafft, Polen auf den richtigen Weg zu bringen und die Gewaltenteilung durchzusetzen", sagte er. "Wir dürfen nicht zulassen, dass das nun zerstört wird."

Proteste auf der Straße

Wie in Danzig gingen am Samstag auch in anderen polnischen Städten wieder Demonstranten aus Protest gegen die Gerichtsreform der Regierung auf die Straße. Am Abend versammelten sich in der Hauptstadt Warschau mehrere tausend Demonstranten vor dem Präsidentenpalast. Sie forderten Staatschef Andrzej Duda auf, das Gesetz der Regierung zur Neuordnung des Obersten Gerichts durch sein Veto zu stoppen.

Nach dem polnischen Unterhaus hatte in der Nacht zu Samstag auch der Senat einer Gesetzesvorlage zugestimmt, derzufolge die Regierung in Warschau Einfluss auf das Oberste Gericht nehmen kann. Das Gesetz würde dem von der rechtskonservativen Regierungspartei PiS gestellten Justizminister erlauben, Richter am Obersten Gericht abzuberufen und durch eigene Kandidaten zu ersetzen. Das letzte Wort hat nun Präsident Duda. Das Gesetz kann nur mit seiner Unterschrift in Kraft treten.

Die Regierung verfolgt mit einer Reihe von Gesetzen das Ziel, ihren Einfluss auf die Justiz des Landes zu vergrößern. Unter anderem soll das von der PiS beherrschte Parlament künftig auch über die Besetzung des Landesrichterrats entscheiden.

Die polnische Opposition spricht von einem "versuchten Staatsstreich". Die EU-Kommission drohte Warschau am Mittwoch mit Sanktionen, die bis zum Entzug von Stimmrechten auf europäischer Ebene führen könnten.