Der in den USA lebende muslimische Prediger Fethullah Gülen würde nach eigenen Worten eine Auslieferung in die Türkei akzeptieren. "Wenn die Vereinigten Staaten es für richtig halten mich auszuliefern, würde ich gehen", sagte der 79-Jährige in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Er widersprach zugleich Vorwürfen der türkischen Regierung, eine Flucht nach Kanada vorzubereiten, um der von ihr geforderten Auslieferung zu entgegen. "Diese Gerüchte treffen überhaupt nicht zu", betonte er.

Die Regierung in Ankara macht den seit 1999 im selbst gewählten Exil lebenden Gülen für den Putschversuch vor einem Jahr verantwortlich und hat in Washington dessen Auslieferung beantragt. US-Regierungsvertreter haben allerdings deutlich gemacht, dass die Türkei dem Justizministerium noch keine ausreichenden Beweise vorgelegt habe.

Gülen wies die Vorwürfe erneut zurück: "Ich habe niemals einen Staatsstreich oder eine Amtsenthebung unterstützt", sagte er. Alle Versuche, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan loszuwerden, müssten auf demokratischem Wege erfolgen, nämlich durch friedliche Proteste und Wahlen, ergänzte Gülen. Er verurteilte die Machtanhäufung in den Händen Erdogans und verglich diesen mit einem "Diktator". Die Regierungen der USA und der europäischen Länder müssten sich stärker für die Wiederherstellung politischer Freiheiten in der Türkei einsetzen, forderte Gülen, der früher ein Verbündeter Erdogans war.

Wegen mutmaßlicher Kontakte zur Gülen-Bewegung wurden in der Türkei bisher rund 50.000 Menschen festgenommen und rund 150.000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, der Justiz, der Polizei und des Militärs entlassen oder vom Dienst suspendiert.