Die schwerste Personalkrise in der Geschichte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) scheint überwunden. Bei einem Außenministertreffen am Dienstag in Mauerbach bei Wien haben sich die Vertreter der 57 OSZE-Staaten auf vier vakante Top-Positionen verständigt. OSZE-Vorsitzender und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich sehr zuversichtlich.
"Sie kennen die OSZE: es ist erst beschlossen, wenn es beschlossen ist", sagte der ÖVP-Chef in einer Pressekonferenz. Er hoffe aber, "dass alle zu ihrem Wort stehen". Der formelle Beschluss steht noch aus. Die OSZE-Botschafter werden Mittwoch oder Donnerstag in Wien darüber befinden, danach gibt es noch eine Frist von fünf Tagen, in der ein Veto möglich ist.
Seit Anfang Juli waren die vier Topposten der Organisation unbesetzt, darunter auch jener des OSZE-Generalsekretärs. Grund ist eine Blockade innerhalb der Staatenorganisation, die alle Angelegenheiten im Konsens entscheidet. Offen waren auch die Ämter des Direktors des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR), das auch Wahlbeobachtungen durchführt, sowie der Minderheitenkommissarin und der Beauftragten für Medienfreiheit.
Gemäß dem österreichischen Vorschlag, auf den sich laut Kurz die Minister in Mauerbach einigen konnten, wird der Schweizer Thomas Greminger neuer OSZE-Generalsekretär. Neuer Minderheitenkommissar wird der Ende Juni aus dem Amt geschiedene OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier. Die isländische Ex-Außenministerin Ingibjörg Solrun Gisladottir soll ODIHR-Chefin werden, der französische Ex-Minister Harlem Desir neuer Beauftragter für Medienfreiheit.
Ermöglicht hat diesen Durchbruch der russische Außenminister Sergej Lawrow, bestätigte der ukrainische OSZE-Botschafter Ihor Prokoptschuk. "Ein Signal von einem Mann hat alles klar gemacht", sagte Prokoptschuk. "Wenn es einen Konsens geben wird, werden wir ihn nicht blockieren", habe der russische Chefdiplomat bei der Plenarsitzung in Mauerbach gesagt. Prokoptschuk bezeichnete die Einigung als "sehr bedeutenden Erfolg" des österreichischen OSZE-Vorsitzes. "Es war das erste Mal, dass alle vier Posten gleichzeitig besetzt werden mussten." Beschlossen sei es aber erst, wenn das formelle Prozedere abgeschlossen sei. "Jeder kann Einspruch erheben. Ausschließen kann man nichts."
29 Außenminister waren am Dienstag in Mauerbach zusammengekommen. Kurz hatte vor Beginn der informellen Sitzung von seinen Amtskollegen in der Personalfrage mehr Kompromissbereitschaft eingefordert. Zur Rolle Lawrows sagte Kurz, dass dieser sehr konstruktiv gewesen sei. "Ich bin sehr froh, dass Minister Lawrow hier so wie viele andere eine konstruktive Rolle gespielt hat."
Kurz hatte zuvor sein Werben für eine Entspannungspolitik gegenüber Russland bekräftigt. In Europa könne es keinen Frieden ohne Russland geben, sagte Kurz. Die EU müsse in ihre Nachbarschaftspolitik wegkommen von "Entweder-Oder-Entscheidungen" und Staaten wie der Ukraine, Moldau oder Georgien die Möglichkeit geben, "näher an die EU heranzurücken und gleichzeitig ordentliche Kontakte mit Russland zu haben".