Der Gipfel auf dem Gipfel dauerte zwei Stunden und 16 Minuten: Solange haben Donald Trump und Wladimir Putin bei ihrer ersten Begegnung am Freitag beim G-20-Treffen in Hamburg miteinander beraten. Die US-Seite war fast überschwänglich, als es galt, den Charakter der Beratungen zu beschreiben, die auf dem Höhepunkt einer Eiszeit zwischen den beiden Staaten stattfanden.
Die Chemie habe gestimmt, die beiden Präsidenten hätten schnell einen Draht zueinander gefunden, sagte US-Außenminister Rex Tillerson, der mit in der kleinen Runde gesessen war. Alles sei äußerst konstruktiv gewesen, man habe sich darauf verständigt, nach vorne zu schauen, statt sich mit gegenseitigen Vorwürfen aus der Vergangenheit aufzuhalten. Trump selbst sprach sogar von "einer Ehre", die die Zusammenkunft mit Putin für ihn darstelle.
Auf der anderen Seite sprach auch der russische Außenminister Sergej Lawrow von einem konstruktiven Treffen. In Moskau herrschte Jubel. Es könne der Beginn eines Prozesses sein, der die Abwärtsspirale in den US-amerikanisch-russischen Beziehungen stoppt, sagte der Parlamentsabgeordnete Leonid Sluzki in der russischen Hauptstadt.
Das erste Treffen der beiden Alphatiere Trump und Putin überlagerte den G-20-Gipfel. Und die von Tillerson nach dem Gespräch bekannt gegebene Waffenruhe in Syrien war eines der wenigen zählbaren Ergebnisse des ersten Gipfeltages. Geschenkt, dass Experten aus Russland, den USA und Jordanien die Vereinbarung seit Tagen in der jordanischen Hauptstadt Amman vorbereitet hatten, wie Lawrow verriet.
Alles außerhalb ihres Zweier-Treffens schienen Trump und Putin ohnehin nicht so richtig ernst zu nehmen. In die Arbeitssitzung zu Umwelt- und Klimaschutz schaute Trump nur ein paar Minuten hinein. Sein Finanzminister Steven Mnuchin sagte, es habe eine "sehr wichtige Sitzung" zum Handel gegeben und "eine wichtige Sitzung" zur Umwelt. Wegen des langen bilateralen Treffens mussten die anderen Gipfelgäste mit dem Abendprogramm in der Elbphilharmonie warten.
Trump und Putin dagegen brachen das erste Eis schon in der Früh. Als Trump, von Demonstranten bei der Anfahrt zu einem kleinen Umweg gezwungen, in den Hamburger Messehallen eintraf, lief er dem russischen Staatschef über den Weg. "Wir sehen uns gleich", sollen sich die beiden zugeraunt haben. Kumpelhaft griff der US-Präsident seinem Kollegen aus Moskau ein paar Mal an den Arm.
Schon vorher hatten sich die beiden Staaten nach einem langen Versteckspiel auf ein volles Treffen geeinigt - nicht nur eine flüchtige Begegnung. Aus geplanten 45 Minuten wurden dann über zwei Stunden. Es gab viel zu besprechen in einem bilateralen Verhältnis, das zumindest vor der Zusammenkunft als so schlecht galt wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Treffen mit Spannung erwartet
Neben Syrien drängten das Problem der Ukraine, die mutmaßliche russische Wahleinmischung, Russlands Haltung zu nuklearen Mittelstreckenwaffen: Die Strategen im Weißen Haus hatten Trump seit Wochen auf das Treffen mit dem Widerpart im Kreml vorbereitet. Die US-Amerikaner wussten: Es würde nicht gerade ein Heimspiel werden für den G-20-Novizen, wenn er sich mit dem ausgebufften Profi Putin an den Tisch setzt. Bei der ersten Sitzung des Gipfels saß Trump, neben Angela Merkel und Theresa May platziert, noch mit deutlichem Abstand zu Putin und spielte nervös mit den Händen. Putin lehnte sich unterdessen bequem zurück.
Russland gilt vielen in den USA weiterhin als Intimfeind der Vereinigten Staaten. Trump, der Geschäftsmann, sieht das viel pragmatischer. Der selbst ernannte Machertyp will Ergebnisse präsentieren. Zur Lösung von Konflikten etwa in Syrien und wohl auch in Nordkorea braucht er die Russen.
Die Signale der US-Amerikaner vor dem Gipfel waren noch widersprüchlich gewesen. Zu Besuch beim östlichen NATO-Partner Polen wetterte Trump, Russland destabilisiere in Osteuropa und anderswo. Theaterdonner? Moskau wies die Vorwürfe postwendend zurück.
Dem Kreml hat nicht gefallen, dass Trump im April Marschflugkörper auf eine syrische Luftwaffen-Basis abfeuern ließ. Jüngst schoss ein US-Jet obendrein ein syrisches Kampfflugzeug ab. Das Ergebnis: Die gegenseitigen Absprachen zur Vermeidung von Flugunfällen wurden abgebrochen; Washington dreht weiterhin an der Sanktionsschraube gegen die Russen. Wohl auch aus wirtschaftlichen Interessen.
Putin bekam mit dem Immobilienmilliardär - Wahleinmischung hin oder her - seinen Wunschkandidaten. Trump hatte seinerseits im Wahlkampf immer für ein besseres Verhältnis zu Russland geworben - doch der Erfolg blieb lange aus. Immer mehr Details zu mutmaßlichen russischen Hacker-Angriffen und zu dubiosen Kontakten von Trumps Team nach Moskau wurden bekannt.
Trump sind deshalb die Hände gebunden. Jede positive Hinwendung in Richtung Moskau wird in Trumps eigener republikanischer Partei mit größtem Misstrauen begleitet - und vom politischen Gegner genüsslich ausgeschlachtet. Dass er die potenzielle Wahlmanipulation jetzt aktiv ansprach, könnte für ihn eine Art Befreiungsschlag werden.