In einer Grundsatzrede vor dem französischen Kongress hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Richtlinien seiner Politik vorgestellt. Vor den im Schloss von Versailles versammelten Abgeordneten und Senatoren warb der Präsident am Montag für einen "radikal neuen Weg" in der Politik.
Unter anderem solle die Gesetzgebung vereinfacht werden. Die Zahl der Parlamentarier will der sozialliberale Präsident um ein Drittel verringern.
Macron trat knapp zwei Monate nach seinem Sieg bei der Präsidentschaftswahl vor die beiden Parlamentskammern. Eine solche Rede ist in Frankreich höchst selten: Bisher machten nur Macrons Vorgänger Nicolas Sarkozy und Francois Hollande von dieser Möglichkeit je einmal gebraucht.
Macron sagte dagegen am Montag, er wolle künftig jedes Jahr einen Kongress für eine Ansprache einberufen. Vorbild sind die Reden der US-Präsidenten zur Lage der Nation vor dem US-Kongress.
Kritik der Opposition
An Macrons Auftritt in Versailles war im Vorfeld Kritik laut geworden, insbesondere, weil nur einen Tag später Premierminister Edouard Philippe vor der Nationalversammlung seine Regierungserklärung abgibt. Die Opposition warf dem Präsidenten vor, alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu wollen und seinen Premier zu schwächen. Linkspartei und Kommunisten blieben der Rede aus Protest fern.
Der sozialliberale Staatschef sprach vor den Abgeordneten der neugewählten Nationalversammlung und den Mitgliedern des Senats. Die gemeinsame Versammlung beider Kammern - der Kongress - tritt nur sehr selten zusammen, insbesondere für Verfassungsänderungen. Erst seit einer Verfassungsänderung 2008 ist es dem französischen Staatschef möglich, eine Rede vor dem Gesamt-Parlament anzusetzen. Macrons Vorgänger Francois Hollande hatte davon in einer Krisensituation Gebrauch gemacht, nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November 2015.
Vor Änderung des Arbeitsrechts
Die Rede kam zu einem entscheidenden Zeitpunkt: Die Abgeordneten sollen sich noch vor der Sommerpause mit zentralen Vorhaben aus Macrons Wahlprogramm befassen. Vergangene Woche beschloss das Kabinett eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts. Bis Ende des Monats soll das Parlament ein Rahmengesetz verabschieden und der Regierung damit eine Vollmacht geben, die Details der brisanten Änderungen eigenständig per Verordnung festzulegen. Außerdem soll in den kommenden Tagen der Ausnahmezustand bis Ende November verlängert werden. Darüber hinaus hat Frankreichs Regierung einen Gesetzentwurf gegen Interessenskonflikte vorgelegt, der nach zahlreichen Skandalen das Vertrauen in die Politik wieder herstellen soll.
Macron war im Mai zum jüngsten französischen Präsidenten aller Zeiten gewählt worden. Gut einen Monat später hatte sein Lager im Juni eine klare absolute Mehrheit in der Nationalversammlung errungen.