Der haushohe Sieg bei der Wahl ist eingefahren, jetzt muss Macron liefern: Wie ein Start-Up-Unternehmen, versprach der 39-Jährige im Wahlkampf, wolle er Frankreich erneuern. Lässt sich sein Doppelsieg bei der Präsidenten- und jetzt bei der Parlamentswahl in Taten umsetzen? Das ist die Frage, an der Emmanuel Macron in den nächsten Monaten gemessen werden wird.
Anders als neu gegründete Unternehmen beginnt Frankreich nicht bei Null - im Gegenteil: Macron übernimmt von seinem Vorgänger Hollande eine politisch und wirtschaftlich verkrustete Republik und ein schwieriges Erbe. Die erschütternd niedrige Wahlbeteiligung zeigt, dass bei weitem nicht das ganze Land hinter ihm steht und bereit ist zu den Veränderungen, die er diesem abverlangen will: Von der Arbeitsmarktreform, gegen die die Gewerkschaften bereits Sturm laufen, bis zur Pensionsreform, die einen kompletten Systemumbau vorsieht.
Gegen alle Erwartungen
Doch auch den Durchmarsch mit seiner neu aus dem Boden gestampften Bewegung "En Marche" hatten Macron anfangs nur die Wenigsten zugetraut. Dass es möglich sein würde, mit einem betont europafreundlichen Wahlkampf einen Kantersieg zu erringen und den Front National in die Schranken zu weisen, hätte man vor wenigen Monaten ins Reich der Fantasie verbannt.
Macrons sozialliberales Programm enthielt Punkte, mit denen in Frankreich bisher kein Staat zu machen war: Um die Arbeitslosigkeit zu senken, will er unternehmerfeindliche Klauseln aus dem Arbeitsrecht streichen, die Arbeitslosenversicherung für Freiberufler und Selbständige öffnen. Zugleich sollen Arbeitssuchenden höhere Verpflichtungen auferlegt werden. Um wirklich in die Tiefe zu wirken und Dauerproteste zu vermeiden, wird Macron die Beunruhigten einbinden müssen.
Aufbruchsstimmung nutzen
Der neue Staatschef Frankreichs ist nicht nur der jüngste Präsident der jüngeren Geschichte seines Landes, er verfügt nach diesen Wahlen auch über eine Machtfülle wie keiner vor ihm. Er sollte seinen Handlungsspielraum und die Aufbruchsstimmung rasch nutzen für konkrete Taten und Reformen - und sehr sorgsam umgehen mit seiner Macht.