Russlands Präsident Wladimir Putin hielt am Donnerstag seine jährliche Bürgerbefragungsstunde "Direkter Draht" ab, in der er ausführlich und unwidersprochen seine Sicht der Dinge darlegt. Nachdem es zunächst um wirtschaftliche Fragen ging - Putin erklärte die Rezession in Russland für beendet - sprach Putin darin die Russland-Affäre in den USA an.
Putin bot dem von Präsident Trump gefeuerten früheren FBI-Chef James Comey sarkastisch sogar Asyl wie für den Whistleblower Edward Snowden an: "Was unterscheidet ihn (Comey) von Snowden. Falls Comey politische Verfolgung droht, dann werden wir auch ihn aufnehmen." Es sei seltsam, dass der Chef eines Geheimdienstes Gespräche mit einem Präsidenten aufschreibt und sie dann den Medien übergebe, sagte Putin. Comey habe bei seiner Anhörung keine Beweise vorgelegt, dass sich Russland in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingemischt habe.
Er hoffe auf eine Normalisierung in den Beziehungen, sagte der Präsident. "Wir sehen die USA nicht als Feind." Ohne eine konstruktive Zusammenarbeit mit Washington sei etwa im Syrienkonflikt keine Lösung zu finden. Russland und die USA könnten auch im Bereich der Rüstungskontrolle kooperieren.Zugleich kritisierte der Kreml-Chef eine zunehmende Russlandfeindlichkeit in den Vereinigten Staaten.
Der US-Senat hatte am Mittwoch weitere Sanktionen gegen Russlandwegen der vermuteten Einflussnahme Moskaus auf die Präsidentschaftswahl gestimmt. Die Kammer billigte nahezu einstimmig ein Gesetzesprojekt, das Präsident Donald Trump auch daran hindern soll, Strafen gegen Russland einseitig zu lockern oder zu verschärfen. Die Novelle bedarf noch der endgültigen Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus.
Die Sanktionen des Westens hätten auch einen positiven Effekt, sagte Putin. "Wir mussten unsere Köpfe anstrengen, Talente aktivieren und uns auf Ressourcen in Schlüsselbereichen konzentrieren."
Der Präsident versuchte, die Russen zu beruhigen: Der niedrige Gas- und Ölpreis habe mehr Auswirkungen auf die russische Wirtschaft als die Sanktionen, die seit 2014 wegen der Ukrainekrise in Kraft sind. Und die niedrigen Preise für die wichtigsten Industrie-Erzeugnisse wie Metall- und Chemieprodukte hätten die russische Wirtschaft stärker geschwächt als die Sanktionen. "Haben die Sanktionen uns beeinflusst? Ja", sagte Putin. "Aber auch dramatisch? Das glaube ich nicht."