An seinem 71. Geburtstag wird Trump eine Aufmerksamkeit zuteil, die ihn lange begleiten wird. Sonderermittler Robert Mueller, der Akribische, soll den US-Präsidenten selbst ins Visier genommen haben. Der Vorwurf: mögliche Behinderung der Justiz.
Robert Mueller war noch kaum zum Sonderermittler in der Russland-Affäre bestellt worden, da raunte die "Washington Post": "Das Weiße Haus hat allen Grund zur Panik". In der Nacht auf Donnerstag schien sich das zu bewahrheiten. Offensichtlich ermittelt Mueller nun gegen US-Präsident Donald Trump höchst selbst - das berichten US-Medien. Trump wies die Vorwürfe wie gewohnt auf Twitter von sich: "Ihr werdet Zeuge der größten Hexenjagd in der politischen Geschichte der USA", schrieb Trump. Und: "Sie haben eine faule Geschichte zu Absprachen mit den Russen erfunden, jetzt versuchen sie es mit Justizbehinderung bei ihrer faulen Geschichte. Hübsch".
Ein Vertreter von Trump-Anwalt Marc Kasowitz reagierte wütend: "Das Enthüllen von Informationen des FBI über den Präsidenten ist ungeheuerlich, unentschuldbar und illegal", heißt es in einer Stellungnahme von Mark Corallo, einem Sprecher der Kanzlei von Kasowitz.
Hier die Hintergründe, Entwicklungen und Gefahren für Trumps Präsidentschaft im Überblick.
Hat die Entwicklung eine neue Qualität?
Ja, absolut. Die bisherigen Ermittlungen des FBI drehten sich um die Russland-Affäre, also eine Einmischung Moskaus in die US-Wahl 2016. Zuletzt hatte es den Anschein, dass der Vorwurf einer persönlichen Verstrickung Trump nicht wirklich gefährlich werden würde. Nun aber steht der 45. Präsident der USA selbst im Zentrum. Mit einem neuen, einem anderen und gefährlichen Vorwurf - mögliche Justizbehinderung, "obstruction of justice".
Worauf gründet der Vorwurf "Behinderung der Justiz"?
Auf eine Aussage des früheren FBI-Chefs James Comey und auf Trumps eigene Aussagen. Comey hatte in der vergangenen Woche die Darstellung untermauert, dass Trump ihn um eine Einstellung der Ermittlungen gegen den damaligen nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn in Sachen Russland-Kontakte gebeten habe. Sollte das stimmen, hätte Trump sich in ein laufendes Verfahren einer unabhängigen Behörde eingemischt. Comeys Anhörung wirkte, als bereite er säuberlich einen Fall vor. Er selbst verwies bei der Frage, ob eine Behinderung der Justiz durch Trump vorliege, fast beiläufig auf die Zuständigkeit Muellers.
Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt ist die Begründung, die Trump selbst für die Entlassung Comeys lieferte. Das Weiße Haus hatte die Absetzung zunächst mit Comeys Vorgehen in Hillary Clintons E-Mail-Affäre und einer entsprechenden Empfehlung des Justizministeriums erklärt. Doch dann hat Trump plötzlich selbst öffentlich betont, bei der Entlassung "das Russland-Ding" im Kopf gehabt zu haben. Diese Aussage könnte als Eingeständnis verstanden werden, sich einen Ermittler vom Hals zu schaffen.
Was hatte Comey zu dem Fall gesagt?
James Comey schilderte eine fast bizarr anmutende Situation im Weißen Haus, bei der Trump nach einer Sitzung alle Teilnehmer bis auf Comey aus seinem Büro gebeten hatte. Unter vier Augen habe der Präsident dann Comey gebeten: "Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, das fallen zu lassen." Mit "das" waren die FBI-Ermittlungen gegen Trumps früheren Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn gemeint, der Kontakte zum russischen Botschafter Sergej Kisljak verschwiegen hatte. Außerdem habe Trump Comey um Loyalität gebeten - das ist unüblich im Umgang mit dem FBI, das auch in Bezug auf das Weiße Haus unabhängig sein muss. Comey hatte sich nach dem Gespräch unwohl gefühlt und den Inhalt sofort niedergeschrieben.
Gibt es noch weitere Anhaltspunkte für Ermittlungen gegen Trump?
Das ist nicht ganz klar. Es wurden Vorwürfe kolportiert, wonach Trump die Geheimdienstchefs Dan Coats und Michael Rogers gebeten hatte, in Bezug auf die Flynn-Ermittlungen auf Comey einzuwirken. Beide hatten sich dazu in öffentlicher Sitzung des Geheimdienstausschusses des US-Senats nicht klar geäußert. Wie Comey sagten aber auch Rogers und Coats in nicht öffentlicher Sitzung aus. Über die Inhalte wurde bisher kaum etwas bekannt. Coats und Rogers sollen nach Informationen der "Washington Post" auch Bereitschaft signalisiert haben, beim FBI auszusagen. Neben der Russland-Affäre verfolgen Trump-Gegner einen zweiten Strang vor Gerichten, der sich mit den Geschäftsverflechtungen des Präsidenten beschäftigt.
Kann der Präsident den Sonderermittler feuern?
Nein, er kann das zumindest nicht direkt tun. Das wäre Sache des Justizministeriums. In diesem Fall würde die Entscheidung bei dem stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein liegen, weil sich dessen Chef Jeff Sessions aus den Russland-Ermittlungen raushält. Rosenstein machte in einer Anhörung am Dienstag klar, dass er keinen Grund für eine Entlassung sehe. Trump hätte aber die Möglichkeit, ihn dazu anzuweisen. Laut der Aussage eines Freundes soll der Präsident diesen Schritt in den vergangenen Tagen erwogen haben. Das Weiße Haus dementierte diese Darstellung des Trump-Vertrauten Christopher Ruddy nicht direkt, sagte aber, dass dieser nicht mit dem Präsidenten über das Thema gesprochen habe.
Was könnte der nächste Schritt sein, wie geht es weiter?
Trumps Anwalt ließ unmittelbar auf die Veröffentlichung reagieren und nannte sie illegal. Das ist zwar kein Dementi, könnte aber Wasser auf die Mühlen derer sein, die das juristische Gezerre leid sind, die den Präsidenten von dunklen Mächten verfolgt sehen. Schon seit Wochen heißt es in Kommentaren: Wer zu Trump steht, sieht sich durch die Ermittlungen nur darin bestätigt. Und wer Trump ablehnt, dem geht es ebenso. Es gibt erste Daten, wonach die Liebe seiner glühendsten Fans abkühlt. Ob die neue Qualität der Ermittlungen an der Basis aber wirklich durchschlägt, ist offen. Bisher war ihr anderes ungleich wichtiger: Jobs, Amerika zuerst - und die Treue zu Trump selbst, dem regellosen Nicht-Politiker.