Über ein Jahr lang hat die griechische Regierung mit den Gläubigern des Landes um die Freigabe der nächsten Hilfskredite und eine Einigung im Schuldenstreit gerungen. Jetzt scheint endlich eine Lösung in greifbarer Nähe. Die Entscheidung fällt heute beim Treffen der Euro-Finanzminister.


Als gutes Omen gilt, dass sich IWF-Chefin Christine Lagarde zu dem Treffen in Luxemburg angesagt hat. Daraus könne man schließen, dass eine Lösung in Reichweite sei, sagen Beobachter. Führende EU-Politiker äußern Zuversicht. Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem erklärte durch seinen Sprecher, er erwarte bei dem Treffen einen umfassenden Abschluss der Reformprüfung. Auch EU-Währungskommissar Pierre Moscovici drängt. „Wir müssen bei der nächsten Sitzung eine Lösung finden“, sagte er der „Wirtschaftswoche“.

Sogar der nicht gerade zur Euphorie neigende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigt sich zuversichtlich: „Am Donnerstag kriegen wir es hin, Sie werden es sehen“, sagte Schäuble diese Woche bei einer Konferenz in Berlin.

Düstere Prognosen

Die griechische Seite verbreitete hingegen düstere Prognosen. Man sei „sehr weit von einer Lösung entfernt“, hieß es in Athener Regierungskreisen. Premier Alexis Tsipras stichelte gegen den deutschen Finanzminister: Er habe kein Vertrauen in die Euro-Gruppe, solange Schäuble an deren Sitzungen teilnehme. Tsipras’ Attacke sei „alles andere als hilfreich“, sagte ein EU-Diplomat.


Damit der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos nicht mit leeren Händen nach Luxemburg kommt, hatte die Regierung erst am Freitag ein weiteres Spar- und Reformpaket im Eilverfahren durchs Parlament gepeitscht. Es sieht unter anderem vor, die bereits bis 2021 gedeckelten Pensionen auch 2022 einzufrieren. Dadurch sollen 250 Millionen Euro eingespart werden. Die bereits vor drei Wochen beschlossene Senkung des Grundfreibetrags in der Einkommenssteuer von 8636 auf 5700 Euro wird um ein Jahr auf Anfang 2019 vorgezogen. Die Maßnahmen gehören zu einem Paket von 140 Reformauflagen, die Griechenland im Rahmen der laufenden Prüfrunde des Anpassungsprogramms erfüllen muss.

Finanzminister Tsakalotos sagte nach der Verabschiedung des Pakets, damit stehe der Auszahlung weiterer Hilfsgelder an Griechenland „nichts mehr im Wege“.

Senkung der Schuldenlast

Wäre da nicht der Schuldenstreit zwischen dem IWF und den Euro-Geldgebern. Der Fonds will sich am laufenden Griechenland-Programm nur beteiligen, wenn die Tragfähigkeit der griechischen Schulden sichergestellt ist. Auch Athen verlangt eine Senkung der Schuldenlast. Premier Tsipras sieht darin eine Voraussetzung für private Investitionen und eine baldige Rückkehr des Landes an den Kapitalmarkt.

Zur Diskussion stehen unter anderem längere Laufzeiten der bereits gewährten Hilfskredite und niedrigere Zinsen. Mehrere Euro-Länder, allen voran Deutschland, möchten zwar den IWF unbedingt an Bord haben, über Schuldenerleichterungen aber erst nach dem Ende des Programms Mitte 2018 entscheiden. Ein Kompromiss könnte so aussehen, dass sich der IWF zunächst ohne eigenen finanziellen Beitrag beratend am Programm beteiligt.

Viel Zeit hat Tsipras nicht: Im Juli muss Athen für den Schuldendienst über sieben Milliarden Euro aufbringen. Ohne neue Finanzspritze ist das kaum zu schaffen. Bleiben die Hilfsgelder aus, könnte Griechenland schon im nächsten Monat der Zahlungsausfall drohen.