1 Wie geht es nach dem Eintreffen des britischen Austrittsbriefs ab heute weiter?
Zunächst soll ein EU-Sondergipfel der 27 verbleibenden Staats- und Regierungschefs am 29. April in Brüssel die Leitlinien bestimmen. Auf dieser Basis schlägt die EU-Kommission den Start der Verhandlungen sowie ein Mandat vor und lässt es vom Rat bestätigen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier und sein Team von 20 Experten geben sich 18 Monate für die Verhandlungen über den Austritt und Übergangsregelungen. Auf EU-Seite muss das Austrittsabkommen vom Europaparlament gebilligt und vom Rat angenommen werden - aber ohne Großbritannien. May will den Vertrag auch dem britischen Parlament vorlegen. Das Verfahren muss zwei Jahre nach dem offiziellen Austrittsgesuch abgeschlossen sein, also bis Ende März 2019. Eine Verlängerung ist möglich, wenn alle EU-Staaten zustimmen.
2 Was muss verhandelt werden?
Die Zahl der Gesetze ist enorm: Aus einer Analyse des Europäischen Parlaments geht hervor, dass der Brexit 21.000 EU-Gesetze betrifft. Wollen die EU und Großbritannien im Zeitplan für den Austritt bleiben, müssten sie theoretisch mehr als 50 Gesetze am Tag diskutieren.
3 Wie viele Österreicher in Großbritannien und Briten bei uns sind betroffen?
25.000 Österreicher leben in Großbritannien. Davon studieren 600 Studenten über das EU-Programm Erasmus an britischen Unis. In Österreich leben 9500 Briten. Rund 1,2 Millionen Menschen mit britischem Pass leben im EU-Ausland. Allerdings betrifft laut Österreichischer Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) der Brexit auch Arbeitnehmer bei Tochterunternehmen der österreichischen Industrie, allein 32.000 sind es bei den Metall- und Maschinenherstellern. 3,3 Millionen EU-Bürger leben in Großbritannien.
4 Was kostet die Briten der Austritt?
Die Europäische Kommission hat nach einer Berechnung der Denkfabrik „Centre for European Reform“ inoffiziell eine Rechnung für die Briten in Höhe von 60 Milliarden Euro ins Spiel gebracht. Zu bezahlen seien unter anderem 29 Milliarden Euro an bereits zugesagten Geldern für künftige EU-Projekte und Maßnahmen, 17 Milliarden für diverse Strukturfonds bis 2020 sowie acht Milliarden für den Topf, aus dem die Pensionen von EU-Beamten bezahlt werden. Diese Zahlen beinhalten bereits den Briten-Rabatt, den einst die Regierung von Margaret Thatcher ausgehandelt hat. Allerdings bekommt London auch Geld zurück: etwa neun Milliarden aus den Strukturfonds sowie aus EU-Vermögen. Strittig ist dabei vor allem die Bewertung von gemeinsam finanzierten Gebäuden. Brüssel geht von 23 Milliarden aus, London von bis zu 150 Milliarden.
5 Was bedeutet das für Österreich?
Nach dem Brexit dürften laut Experten rund 150 Millionen Euro zusätzliche Kosten für den EU-Haushalt auf Österreich zukommen. Das Vereinigte Königreich war trotz des Rabatts ein Nettozahler. Die fünf Milliarden Euro, die nun fehlen, müssen die übrigen Nettozahler übernehmen. Zudem ist das Land achtwichtigster Handelspartner Österreichs. Da der Handel neu verhandelt werden muss und zudem Währungsschwankungen zu erwarten sind, könnte es zu Einbrüchen im Geschäft kommen.
6 Profitieren andere Städte vom Brexit?
Als Standort der Europäischen Zentralbank (EZB) hat der deutsche Finanzplatz Frankfurt gute Chancen, zum Brexit-Gewinner zu werden. Auch Paris will punkten und lockt Londoner Banker bereits mit dem Slogan „Welcome to Europe“. Selbst Noch-Staatschef François Hollande hat Paris als Alternative zu London ins Spiel gebracht und den Geldhäusern Steuererleichterungen in Aussicht gestellt. Paris hat den Vorteil, dass dort die großen französischen Finanzkonzerne ihren Hauptsitz haben. Irlands Hauptstadt Dublin konnte mit den niedrigen Steuersätzen bereits US-Riesen anlocken. Ein weiterer Pluspunkt ist in Dublin, dass Englisch gesprochen wird.