Zwei Jahre bleiben den Unterhändlern Großbritanniens und der Europäischen Union nach dem für kommende Woche angekündigten Brexit-Antrag, um die Bedingungen ihrer Trennung auszuhandeln. Es wird ein Kraftakt, die über mehr als 40 Jahre verwobenen Beziehungen zu entwirren.

Die EU will am 29. April bei einem Sondergipfel festlegen, was ihr in den Verhandlungen am wichtigsten ist und wie ihr Chefunterhändler Michel Barnier vorgehen soll. Einige Punkte gelten als besonders schwierig:

Rund 3,2 Millionen Menschen aus anderen EU-Ländern haben ihr Glück im Vereinigten Königreich gesucht, so hält es die europäische Statistikbehörde Eurostat für 2016 fest. Viele von ihnen bangen nun um ihre Zukunft. Den etwa eine Million Briten auf dem Kontinent geht es nicht anders. Das Thema ist deshalb beiden Seiten besonders wichtig. Eine einseitige Garantie wollte Großbritannien nicht geben, die Regierung will auf die Hebelkraft in den Gesprächen nicht verzichten. Brexit-Minister David Davis plädiert für eine zivilisierte, verantwortungsvolle und großzügige Lösung für alle Beteiligten. Ziel ist eine Vereinbarung auf Gegenseitigkeit, die ein Aufenthaltsrecht, Eigentum und erworbene Ansprüche zum Beispiel bei der Pension sichert.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat eine "gesalzene Rechnung" für Großbritannien angekündigt. Seine Behörde geht von bis zu 60 Milliarden Euro aus, die noch von der Insel auf den Kontinent fließen sollen. Dabei geht es um Verpflichtungen, die Großbritannien als Teil der Gemeinschaft mit eingegangen ist. Einige Projekte aus EU-Fonds werden erst Jahre nach dem Brexit abgewickelt sein. Gemeinsam eingegangene Pensionsverpflichtungen für EU-Beamte laufen noch Jahrzehnte. Aufgerechnet werden könnte dies gegen britische Anteile am milliardenschweren Gesamtvermögen der EU, zum Beispiel an Gebäuden in Brüssel oder Luxemburg.

In dem für die Trennung relevanten Artikel 50 des EU-Vertrages heißt es, im Austrittsabkommen solle bereits "der Rahmen für die künftigen Beziehungen" berücksichtigt werden. Premierministerin Theresa May hat schon klargestellt, dass Großbritannien nicht mehr die Bedingungen des EU-Binnenmarkts erfüllen und auch nicht Teil der Zollunion sein will. Stattdessen will sie ein Freihandelsabkommen mit der EU.

Schwierig wird die Abfolge: EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagt, zunächst solle der Austritt und erst danach die Zukunft besprochen werden. Die Zeit für beides könnte jedoch knapp werden, zumal das Feilschen über Handelsverträge langwierig sein kann. Es muss also wohl eine Art Vorvereinbarung und eine Übergangsfrist geben.

Ein besonders heikler Punkt wird die künftige EU-Außengrenze zwischen Irland, das zur EU gehört, und Nordirland, das Teil des Vereinigten Königreichs ist. Beide haben praktisch einen gemeinsamen Binnenmarkt im Kleinen auf der gemeinsamen Insel. Die Grenze im grünen Hügelland ist nahezu unsichtbar; 30.000 Pendler überqueren sie jeden Tag. Für Feargal Cochrane von der Universität Kent steht fest: "Die durchlässige Grenze wird durch eine festere Grenze ersetzt werden." Irlands Regierungschef Enda Kenny will aber keine Rückkehr zu einer befestigten Grenze wie vor dem Karfreitagsabkommen von 1998, das den Bürgerkrieg in Nordirland beendete und eine enge Kooperation mit Irland einleitete. Im Hintergrund schwebt auch die damals vertagte Frage einer Vereinigung - für die Protestanten in Nordirland ein Rotes Tuch.