Österreich will seine Erfahrungen im Umgang mit Migrantenströmen auf der Westbalkan-Route der Kontaktgruppe aus europäischen und nordafrikanischen Ländern zur Verfügung stellen, die am Montag in Rom gegründet worden ist. Dies betonte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), der Österreich beim Flüchtlingsgipfel in Rom vertreten hat.

"Nur mit einem effizienten Grenzschutz können wir die kriminellen Geschäfte der Menschenhändler über das Mittelmeer aktiv bekämpfen", sagte Sobotka im Gespräch mit der APA in Rom. Österreich werde seine Expertise im Grenzschutz sowie technisches Know-How zur Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte zur Verfügung stellen. Als Nettozahler leiste Österreich außerdem einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des europäischen Fonds, der Projekte zur Stabilisierung der Lage in Nordafrika unterstützt.

Transitland Libyen

Um die Flüchtlingsströme zu stoppen, sei die Sicherung der libyschen Südgrenze von prioritärer Bedeutung. "Libyen ist ein Transitland für Flüchtlinge. Die Stabilisierung dieses Landes ist daher nicht nur für Italien von ausschlaggebender Bedeutung, sondern auch für Österreich und den Rest Europas", sagte Sobotka.

Mit der Gründung der Kontaktgruppe stelle man die Weichen für eine Konkretisierung der Abkommen, die im Februar in La Valletta mit nordafrikanischen Ländern abgeschlossen wurden. "Jetzt kommt der La-Valletta-Prozess in die operative Ebene. Zum ersten Mal sind hier in Rom alle Länder, die von der Flüchtlingsproblematik im zentralen Mittelmeerraum betroffen sind, an einen Tisch gebracht worden", so Sobotka.

Laut Sobotka ist auch die Rückführung von Migranten ein wichtiges Ziel, an dem gearbeitet werden müsse. Daher sei die Beteiligung nordafrikanischer Länder wie Tunesien an der Kontaktgruppe besonders wichtig.

In einer gemeinsamen Erklärung der Mitglieder der Kontaktgruppe verpflichteten sich die an der Flüchtlingskonferenz beteiligten Länder, die Ursachen der Migration zu bekämpfen, indem in den Herkunftsländern der Migranten wirtschaftliche Möglichkeiten geschaffen werden. Sie beabsichtigen, den Austausch und die Koordination zwischen den Hauptakteuren auf beiden Seiten des Mittelmeers zu stärken. Die Kontaktgruppe soll regelmäßig zusammenkommen. Das nächste Gipfeltreffen ist in Tunis geplant, berichtete der italienische Innenminister Marco Minniti.

Stabilisierung

Die Stabilisierung des libyschen Staates ist aus Sicht des EU-Kommissars für Migration und Inneres, Dimitris Avramopoulos, der Schlüssel für die Lösung der Migrationskrise im Mittelmeer. Das Treffen der neuen Innenminister-Kontaktgruppe in Rom habe die Bereitschaft aller gezeigt, in der Situation zusammenzuarbeiten. "Wir können weder Italien noch Libyen alleine lassen", sagte Avramopoulos. An der Konferenz nahmen Minister aus Deutschland, Frankreich, Italien, Libyen, Malta, Österreich, der Schweiz, Slowenien und Tunesien teil.

Im Jahr 2016 sind mehr als 180.000 Migranten im Süden Italiens angelandet. Im selben Zeitraum sind über 4.500 Menschen im zentralen Mittelmeer ums Leben gekommen. Seit Jahresbeginn 2017 sind nach Angaben des Innenministeriums in Rom 18.232 Migranten in Italien eingetroffen, das sind 31 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2016. Hinzu kommen noch circa 3.000 Migranten, die am Sonntag gerettet wurden und am Montagnachmittag im sizilianischen Hafen Augusta eintrafen.