Just an dem Tag, an dem die deutsche Kanzlerin nach Washington reiste, ging für US-Präsident Donald Trump einiges schief, was die internationalen Verbindungen betrifft. Wieder einmal hatte er, so wie schon in der Schweden-Frage, unreflektiert eine Meldung seines Lieblingssenders Fox wieder gegeben. Diesmal ging es um seine Behauptung, dass Vorgänger Barack Obama ihn abhören habe lassen. Trump zitierte Fox, wo berichtet wurde, dass sich Obama des britischen Geheimdienstes bedient habe, um dieses Manöver zu verschleiern.
Mehr brauchten die Briten nicht. Gerade eben noch hatten die EU-Austrittskandidaten als Lieblings-Europäer Donald Trumps gegolten. Premierministerin Theresa May war geradezu gerührt ob der warmen Aufnahme in den USA.
Gestern hagelte es empörte Reaktionen. Die Anschuldigungen seien "unsinnig" und "vollkommen lächerlich" hieß es seitens der britischen Regierung und des Geheimdienstes. Trump schien zu erkennen, dass er den Bogen überspannt hatte. Kleinlaut erklärte er bei der Pressekonferenz auf Fragen der Reporter, er habe eigentlich eh nichts gesagt sondern nur zitiert. Man möge sich bei Fox erkundigen.
Amerika braucht Bündnispartner, wenn es wirklich groß werden will. Donald Trump braucht Verbündete, um als Präsident ernst genommen zu werden, nach innen wie nach außen. Der Besuch von Angela Merkel war wichtig, auch für ihn. Und abgesehen davon, dass er einen Scherz zur Abhöraffäre Merkels machte, deren Handy von den USA angezapft worden war, bemühte er sich um maximale Korrektheit gegenüber der mächtigsten politischen Spielerin Europas.
Merkels Visite war auch von den US-Medien höchste Aufmerksamkeit zuteil geworden. Man hoffte darauf, dass sie ihm den Weg weisen werde, dass sie ihm auf ihre Weise erklären werde, dass "America First" die USA in den Abgrund führen werde, wenn daraus ein "America Only" werde.
Und Merkel erfüllte ihre Pflicht. Wenn sie denn Vorbehalte, menschlicher oder politischer Natur, gegen den neuen Mann am Ruder der USA hat, so ließ sie sie nicht erkennen. In klaren Worten brachte sie ihre Botschaft an:
Ja zu mehr Militärausgaben, die Trump als Gegenleistung für ein Bekenntnis der USA zur Nato einfordert, aber Schritt für Schritt.
Ja zu bilateralen Abkommen, die für den von Trump gewünschten fairen Handel sorgen, aber der Gesprächspartner der USA sei nicht Deutschland, sondern die EU. Und einHinweis auf die "Reziprozität", die Gegenseitigkeit: Wer Strafzölle einführt, muss damit rechnen, dass ihm dasselbe widerfährt.
Und Ja zum gemeinsamen Kampf gegen den Terror, gegen den IS, aber auch der Frieden in der näher bei Europa liegenden Ukraine müsse wiederhergestellt, das Verhältnis zu Russland (hier hofft Merkel ja auf Unterstützung durch Trump) verbessert werden.
Ein Danke zum Marschall-Plan - zu lesen auch als Mahnung, das Entwicklungshilfebudget nicht auf Null zu fahren.
Die deutsche Kanzlerin genießt große Wertschätzung in den USA. Die Begleiter aus dem deutschen Presscorps seit der Pressekonferenz mit Merkel und Trump übrigens ebenfalls: In den sozialen Medien kassierten sie großes Lob dafür, dass sie als einzige die Frage nach den haltlosen Abhörvorwürfen stellten, mit denen Trump versucht, seinen Vorgänger Barack Obama zu belasten, und Trump mit dem Verweis auf dessen eigene "fake news" in die Enge trieben.
Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis Donald Trump die richtige Sprache für Politik und Diplomatie findet. Ohne die Erkenntnis, dass im Alleingang gar nichts geht, wird er übrig bleiben. Phasenweise scheint es, als dämmere ihm die Erkenntnis. Dass es auch einer guten, auf beiderseitiger Fairness beruhenden Beziehung zur Presse bedarf, nicht zuletzt um sich selbst zu hinterfragen und damit vor Irrwegen zu bewahren, scheint sich ihm noch zu verschließen.
Claudia Gigler