Die Wahl in den Niederlanden ist geschlagen - und damit beginnt das große Feilschen um die nächste Regierung. Denn auch wenn mit Mark Rutte wohl der alte Premierminister auch der neue sein wird: Er wird sich neue Partner suchen müssen. Denn die bisher mit ihm regierenden Sozialdemokraten wurden in einer historischen Dimension abgewählt. Sie verloren 29 der bisherigen 38 Sitze im Parlament. Ruttes liberal-konservative Volkspartei errang 31 Sitze, zehn weniger als bisher. "Das Schönste ist, dass wir die Größten sind", sagte Rutte.
Für die Grünen brachte der Wahlabend einen Sensations-Erfolg, sie konnten ihren Stimmenanteil auf 16 Sitze vervierfachen. Rechtspoulist Geert Wilders blieb weit hinter den Erwartungen zurück und erreichte - wie zwei weitere Parteien - 19 Sitze im Parlament.
Offizielle amtliche Ergebnisse liegen übrigens noch nicht vor. Dadurch, dass man sich vor Hacker-Angriffen fürchtete, müssen alle Stimmzettel händisch ausgezählt werden. Kurios und in Österreich undenkbar: Der eigentliche Wahlschluss um 21 Uhr wurde in mehreren Orten nach hinten verschoben. Es standen noch Menschen an, die wählen wollten, gleichzeitig fehlten in mehreren Wahllokalen die Stimmzettel.
Dass die Wahl nicht nur ein "Nein an die falsche Art von Populismus" war, wie es Rutte ausdrückte, sondern auch ein weiteres Beispiel für die Spaltung Europas ist, analysierte der in den Niederlanden lehrende Völkerrechtler Andrej Zwitter im Interview mit der Kleinen Zeitung.
Die Nachlese zum Wahl-Tag in den Niederlanden
23.45 Wilders feiert seine kleinen Erfolge
Mittlerweile gibt es die ersten Ergebnisse der Wahlsprengel. In Rotterdam, der zweitgrößten Stadt der Niederlande konnte Wilders die meisten Stimmen auf sich vereinen. Kurios: Rotterdamm gilt eigentlich als jene Stadt, in der Migranten nicht integriert, sondern assimiliert werden. Eigene Einrichtungen und Vereine für Migranten sollen nach Möglichkeit vermieden werden.
23.40 Wahlsieger Rutte feiert
"Es war ein Fest der Demokratie", mit diesen Worten dankte Wahlsieger Mark Rutte, wohl der neue und alte Premierminister der Niederlande den Wählern. Das Votum wertete er als ein "Nein zu der falschen Art von Populismus", Gleichzeitig mahnte er seine Anhänger: "Wir können jetzt feiern. Aber ab morgen arbeiten wir hart weiter für die Niederlande."
23.35 Die Koalitionsverhandlungen werden lange dauern
Die Partei des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte erwartet nach der Parlamentswahl eine schwierige Regierungsbildung. "Die Koalitionsverhandlungen hier sind berühmt für ihre Länge", sagte der VVD-Abgeordnete Hanten Broeke am Mittwochabend am Rande einer Wahlparty in Den Haag. Derzeit habe seine Partei noch keine bevorzugten Partner auserkoren.
23.30 Europa freut sich mit den Niederlanden
Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon freut sich über das mäßige Abschneiden des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders. Mit einem einzigen Wort kommentierte sie auf Twitter einen Artikel der Zeitung "The Scotsman", der Wilders' Niederlage konstatierte: "Good", schrieb Sturgeon.
Der italienische Regierungschef Paolo Gentiloni hat sich erleichtert über das pro-europäische Votum der Niederländer gezeigt. "Kein #Nexit. Die Anti-EU-Rechte hat die Wahlen in den Niederlanden verloren", schrieb der Ministerpräsident am Mittwochabend auf Twitter. Gemeinsam müsse die Europäische Union nun verändert und "wiederbelebt" werden.
23.15 Enttäuschung bei den Sozialdemokraten
In den Niederlanden hat sich der Spitzenkandidat der bisher mitregierenden Sozialdemokraten, Lodewijk Asscher, tief enttäuscht über das katastrophale Abschneiden seiner Partei bei der Parlamentswahl geäußert. "Dies ist ein bitterer Abend", sagte er am Mittwochabend vor Anhängern in Amsterdam. Von einem Rücktritt sprach er nicht.
Prognosen zufolge verliert die Partei der Arbeit (PvdA) 29 ihrer 38 Sitze im Parlament - es bleiben ihr noch neun. Die PvdA war jahrzehntelang neben den Christdemokraten die größte Partei in den Niederlanden. Sie stellte Ministerpräsidenten wie Joop den Uyl (1973-1977) und Wim Kok (1994-2002).
22.53 Eine kurze und eine lange Anlayse
Eine ausführliche Analyse des Wahlergebnisses mit Andrej Zwitter, Professor an der Uni Groeningen können Sie in diesem Artikel lesen.
Nikolaus Blome, Politik-Chef der Bild-Zeitung, fasste sich hingegen etwas kürzer.
22.43 Die Grünen feiern
Der historische Wahlsieg der Grünen wird von ihren Anhängern bereits kräftig gefeiert. Wahlsieger Mark Rutte schweigt indes. Auch auf Plattformen wie Twitter oder Facebook hat er sich bisher nicht geäußert. Bis die letzten Stimmen abgegeben sind, ist von ihm wohl auch keine Reaktion zu erwarten.
22.25 Wie geht es weiter mit den Rechten in Europa?
Julius van de Laar, einst im Team von Barack Obama engagiert, twitterte ein Foto, das das europäische Superwahljahr auf den Punkt bringt. Es zeigt Frauke Petry von der AfD und Marine Le Pen vom Front National. Er schreibt "Einer weg, zwei werden folgen" darunter.
Ob diese Prognose letztlich wirklich so eintreten wird, ist mehr als offen. Denn dass die Wähler auch für unerwartete Ergebnisse sorgen können, weiß man spätestens seit der Wahl Donald Trumps und dem Brexit.
22.01 Es wird immer noch gewählt
Kurios aber wahr: In Nijmengen bleiben die Wahllokale bis 23.00 Uhr geöffnet. Der Grund: Es gab zu wenige Stimmzettel, weil niemand mit einem solchen Ansturm gerechnet hat.
21.54 Der Juniorpartner verliert
Die Zeitung "De Telefraaf" bringt die Situation in den Niederlanden auf den Punkt: "Die Partei der Arbeit" wurde weggewählt schreibt sie. Immerhin war die Partei unter Lodewijk Asscher der Juniorpartner in Ruttes Kabinett. Sie verlor 29 Sitze im Parlament und liegt nun bei nur neun Sitzen. Zum Vergleich: Die Partei von Premier Rutte verlor "nur" zehn Sitze und hält nun bei 31 Sitzen.
21.51 Das sagt Wilders zum Ergebnis
Der Rechtspopulist dankt seinen Wählern und freut sich über die gewonnenen Sitze. Eine Gratulation an den Wahlsieger spricht er freilich nicht aus.
21.40 Der eigentliche Wahlsieger ist ein Grüner
Jesse Klavers von den Grünen konnte die Sitze für seine Partei vervierfachen.
21.21 So sieht das künftige Parlament aus
Laut ersten Hochrechnungen ziehen 13 Parteien in das Parlament ein. So viele Sitze erhalten die Parteien demnach:
- VVD: 31 (Rutte)
- CDA: 19
- D66: 19
- PVV: 19 (Wilders)
- GroenLinks: 16
- SP: 14
- PvdA: 9
- CU: 6
- PvdD: 5
- 50Plus: 4
- Denk: 3
- SGP: 3
- FvD: 2
21.25 Bei den Grünen wird gefeiert
Immerhin konnten sie ihre Sitze vervierfachen.
21.22 Wer ist eigentlich Mark Rutte?
Mark Rutte zog 2010 als erster Regierungschef der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) in das "torentje" in Den Haag ein - das Türmchen, wie der Amtssitz des Regierungschefs genannt wird. Mit seiner optimistischen Ausstrahlung brachte er frischen Wind nach Den Haag. Rutte ist charmant, bürgernah und sehr pragmatisch. Er habe keine "Visionen", sagt er gern und lacht dazu.
Inzwischen hat der 50-jährige Junggeselle, der auch als Premier einmal in der Woche Hauptschüler in Den Haag unterrichtet, viel Glanz verloren. "Teflon-Premier" wird er genannt, weil alle Probleme an ihm abzugleiten scheinen. Er hat Glaubwürdigkeit eingebüßt, nachdem er mehrere Versprechen nicht eingehalten hatte. So wird ihm vorgeworfen, dass er sich in Den Haag sehr europakritisch gibt, aber in Brüssel immer der politischen Linie Deutschlands folgt.
Gemeinsam mit den Sozialdemokraten hat Rutte in den vergangenen vier Jahren ein umfangreiches Spar- und Reformpaket durchgesetzt. Dabei bewies der einstige Manager des Unilever-Konzerns Kompromissfähigkeit. Seine bisher größte Niederlage ist das Scheitern seines Minderheitskabinetts 2012 nach nur 18 Monaten. Damals hatte ihm der Rechtspopulist Geert Wilders die Unterstützung aufgekündigt.
21.17 Der große Schweiger
Solaut wie Geert Wilders in den letzten Tagen auf Twitter maulte, so schweigsam ist er nun. Bisher gab es von ihm kein Statement.
21.11 Der große Verlierer
Die Partei der Arbeit wurde abgestraft wie kaum eine Partei in den Niederlangen zuvor. Sie verlor 25 Sitze im Parlament.
21.08 Eine Regierungsbildung wird schwer
Was beim Vorliegen der Exit-Polls schon klar ist: Die Bildung der künftigen Regierung wird keine einfache Aufgabe. Ruttes Partei VVD (Volkspartei) braucht zumindest drei Partner um sich eine solide Mehrheit zu sichern.
21.02 Die erste Exit-Poll liegt vor
Auf Ruttes Partei entfallen demnach 31 Sitze, Wilders schafft Platz zwei mit 19 Sitzen - gleich wie die CDA (Christdemokraten) und D66 (Sozialliberale). Die Grünen kommen auf 16 Sitze in der zweiten Kammer.
21.00 Die Wahllokale haben geschlossen
"De stembureaus zijn dicht", hieß es um 21 Uhr. Nun beginnt das große Zählen. Aus Angst vor Cyberangriffen sollten sämtliche Stimmen per Hand ausgezählt werden, daher wird das Endergebnis erst in der kommenden Woche bekanntgegeben
20.50 Was sich Martin Schulz erhofft
Der deutsche SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erhofft sich eine Niederlage Wilders. Ich hoffe sehr, dass einer der hauptverantwortlichen Hetzer gegen die europäische Zusammenarbeit heute die Wahl verlieren wird", sagte Schulz am Mittwochabend bei einer SPD-Veranstaltung in Wolfenbüttel. Auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in Frankreich im April/Mai äußerte Schulz die Zuversicht, dass ein Demokrat gewinnt und nicht Marine Le Pen vom Front National.
20.45 Der Ansturm war enorm
Laut Medienberichten war der Andrang zu den Wahlurnen in Amsterdam so groß, dass sogar Stimmzettel nachgedruckt werden mussten.
20.40 Die erste Hochrechnung
Die ersten Hochrechnungen und Exit-Polls wird es um 21 Uhr geben, um 22 sollte sich ein Trend abzeichnen. Das amtliche Ergebnis der Wahl wird hingegen erst sm 21. März verkündet.
20.10 Wer kann es ins Parlament schaffen?
Die zweite Kammer - also das eigentliche gesetzgebende Gremium - könnte nach dem heutigen Wahlgang noch bunter werden als bisher. Da es in den Niederlanden keine Wahlhürde gibt, in Österreich liegt sie bei vier Prozent der abgegebenen Stimmen, machen sich auch Kleinparteien Hoffnungen auf einen der 150 Parlamentssitze. Von den 28 antretenden Parteien könnten es gut 15 in die zweite Kammer schaffen.
Leichter werden die Koalitionsverhandlungen dadurch jedenfalls nicht. Denn die künftige Regierung wird wohl die Interessen von zumindest drei politischen Parteien in einem Programm bündeln müssen.
19.45 Wen wählt eigentlich der König?
König Wilhelm-Alexander muss - im Gegensatz zu seinen Landsleuten - heute keine Wahl treffen: er wählt nämlich nicht. Zwar hätte er das Wahlrecht, allerdings gehört in den Niederlanden der König auch der Regierung an und bemüht sich als solcher "neutral" zu agieren.
Übrigens: Königin Maxima ist Doppelstaatsbürgerin, sie verfügt auch über einen argentinischen Pass. Im aufgeheizten Wahlkampf wurde sie sogar aufgefordert, diesen abzugeben.
19.09 Steht ein Rekord an?
Steht bei den heutigen Wahlen in den Niederlanden eine Rekord-Wahlbeteiligung bevor? Wohl kaum, denn diese lag 1977 bei 88 Prozent. Dennoch könnten heute mehr als 80 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen schreiten. Bis 19.00 Uhr zeichnete sich eine sehr hohe Wahlbeteiligung ab.
18.45 Ein spannender Wahlabend steht bevor
Die Beteiligung an der Parlamentswahl in den Niederlanden scheint hoch auszufallen. Niederländische Medien berichteten am Mittwoch über lange Schlangen vor Wahllokalen. Nach Angaben des Umfrageinstituts Ipsos hatten um 15.45 Uhr 43 Prozent der Wahlberechtigten gewählt, bei der vorigen Wahl 2012 waren es zu diesem Zeitpunkt erst 37 Prozent gewesen.
Reizthemen im Wahlkampf waren die Rolle des Islam, die Einwanderung und zuletzt der diplomatische Streit mit der Türkei. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte noch am Wahltag seine in den Niederlanden wahlberechtigten Landsleute auf, weder für die Regierung noch für "Rassisten" zu stimmen.
Schafft Rutte neuerlich den ersten Platz"
Umfragen sagen der rechtsliberalen Partei VVD von Ministerpräsident Mark Rutte einen Vorsprung von drei Punkten vor der PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders voraus. Allerdings kann keine Partei mit mehr als 17 Prozent der Stimmen rechnen, was langwierige Koalitionsverhandlungen bedeuten dürfte. Knapp 13 Millionen Wähler waren aufgerufen, über die Zusammensetzung des neuen Parlaments zu entscheiden. In Amsterdam lag die Wahlbeteiligung dem Sender NOS zufolge um 14.00 Uhr um elf Prozent höher als 2012. Die Rekordwahlbeteiligung wurde 1977 mit 88 Prozent erreicht.
Den Wahlkampf aufgeheizt hatte zuletzt der Streit über das Verbot für türkische Regierungsmitglieder, in den Niederlanden für das geplante Verfassungsreferendum in der Türkei zu werben. Der türkische Präsident Erdogan erhob daraufhin Nazi-Vorwürfe gegen die Niederlande, die im Zweiten Weltkrieg stark unter den Nationalsozialisten gelitten hatten. Seine Landleute rief Erdogan auf, für Parteien zu stimmen, die den Dialog mit der Türkei wollten. "Seid dabei vorsichtig", rief er bei einer Kundgebung in der Türkei. In einem Amsterdamer Wahllokal wurden nach Informationen der Zeitung "Het Parool" Flaggen und Flugblätter des staatlichen türkischen Amts für Religionsangelegenheiten gefunden.
Erste Prognosen über den Ausgang werden unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr erwartet, erste Ergebnisse ab 22.00 Uhr. Mit dem Endergebnis wird in den frühen Morgenstunden des Donnerstags gerechnet.
"Die falsche Art von Populismus"
Rutte warnte am Wahltag noch einmal vor einem Sieg der Wilders-Partei. Nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt und den US-Wahlen "würde der Rest der Welt dann erleben, dass die falsche Art von Populismus erneut den Sieg davongetragen hätte", sagte er. Umfragen zufolge konnte seine Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) zuletzt in der Wählergunst zulegen und vor Wilders leicht in Führung gehen. Wilders Freiheitspartei (PVV), die lange wie die sichere Siegerin aussah, hat seit Jahresbeginn deutlich an Zustimmung verloren. Herbe Verluste werden der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PVDA) vorhergesagt, dem Juniorpartner in Ruttes bisheriger Regierung. Fast 40 Prozent der Wähler waren bis zuletzt aber noch unentschieden.
Wilders selbst sah die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. "Wie immer die Wahl heute ausgeht, der Geist wird nicht zurück in die Flasche gehen, diese patriotische Revolution wird stattfinden, entweder heute oder morgen", sagte er nach seiner Stimmabgabe in Den Haag. Der Islamfeind und Euro-Gegner verspricht eine "Ent-Islamisierung" der Niederlande. Er hat jedoch nahezu keine Chance, in die Regierung zu kommen, da alle größeren Parteien eine Zusammenarbeit mit ihm abgelehnt haben.
"Die vorrangige Thematik dieses Wahlkampfs war die Zersplitterung der Wählerschaft", sagt Meinungsforscher Maurice de Hond. "Obwohl der Konflikt mit der Türkei den größten Parteien geholfen hat - das Endergebnis wird zeigen, dass wer immer auch Sieger wird, er dies mit dem niedrigsten jemals erzielten Stimmenanteil werden dürfte." Bis zu 15 Parteien haben die realistische Chance, ins Parlament einzuziehen. Eine Hürde wie in Österreich die Vier-Prozent-Klausel gibt es nicht. Angesichts der erwarteten Stimmverteilung werden mindestens vier Parteien eine Koalition bilden müssen, um eine Regierungsmehrheit im Parlament zu erreichen.