Das britische Parlament hat am Montagabend das Brexit-Gesetz verabschiedet und damit endgültig den Weg für einen Austritt des Landes aus der Europäischen Union freigemacht. Premierministerin Theresa May kann nun wie geplant den EU-Austritt nach Artikel 50 der Europäischen Verträge beantragen.

"Das Parlament hat heute die Regierung in ihrer Entschlossenheit unterstützt, mit dem Austritt aus der EU fortzufahren", erklärte Brexit-Minister David Davis nach den Abstimmungen in Unter- und Oberhaus. Bis Ende des Monats werde der Austrittsantrag gestellt.

Widerstand aufgegeben

Das Oberhaus gab seinen Widerstand gegen den Entwurf des Brexit-Gesetzes der Regierung am Montagabend auf, obwohl die Abgeordneten im Unterhaus zuvor Änderungen der Lords ersatzlos gestrichen hatten. Damit war das gefürchtete Ping-Pong-Verfahren, bei dem ein Gesetzentwurf bis zu einer Einigung zwischen beiden Häusern hin- und hergeht, im Handumdrehen erledigt.

In dem knappen Gesetz heißt es: "Die Premierministerin darf die Absicht des Vereinigten Königreichs zum Austritt aus der EU, gemäß Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union, bekannt geben." Das Gesetz wurde notwendig, weil das höchste britische Gericht zuvor dem Parlament das letzte Wort über den Startschuss für die Austrittsverhandlungen zugesprochen hatte.

Garantie für die Rechte von EU-Ausländern

Dem Gesetzentwurf der Regierung hatten die Mitglieder des Oberhauses eine Garantie für die Rechte von EU-Ausländern, die in Großbritannien leben, hinzugefügt. Außerdem forderten sie ein Vetorecht für das Parlament am Ende der Austrittsverhandlungen mit der EU. In beiden Fällen wollte sich die Regierung aber nicht festlegen lassen. Die Abgeordneten schmetterten beide Anträge im Unterhaus ab.

Das Gesetz wird nun Königin Elizabeth II. zur Annahme vorgelegt. Dieser symbolische Akt könnte Dienstag früh vollzogen werden.

Nach dem Eingang des Austrittsgesuchs in Brüssel haben beide Seiten für die Scheidungsverhandlungen zwei Jahre Zeit. May strebt einen harten Schnitt mit der EU an und will auch auf den Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt verzichten. Gleichzeitig wollen die Briten ein "umfassendes Freihandelsabkommen" mit der Europäischen Union schließen.

Erschwert werden May die Brexit-Verhandlungen durch die Forderung der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon nach einem neuen Unabhängigkeitsreferendum. Die Abstimmung könne Ende 2018 oder Anfang 2019 stattfinden, wenn die Bedingungen für den Austritt Großbritanniens aus der EU absehbar seien, sagte Sturgeon. Die Schotten müssten eine Entscheidung treffen können, bevor es zu spät sei.

Absage an Forderung Sturgeons

Premierministerin May werde der Forderung Sturgeons allerdings eine Absage erteilen, berichtete die "Times" unter Berufung auf Regierungskreise. Der Zeitpunkt eines Referendums während der Brexit-Verhandlungen sei inakzeptabel.

2014 hatten sich die Schotten gegen eine Loslösung vom Vereinigten Königreich ausgesprochen. Beim Brexit-Referendum im vergangenen Sommer stimmten sie ebenso wie Nordirland mehrheitlich gegen einen Austritt aus der Staatengemeinschaft. Insgesamt votierten die Briten aber mit knapper Mehrheit für den Austritt ihres Landes aus der EU.

Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, sieht das angekündigte Ausscheiden der Briten als Chance für einen Neuanfang der Europäischen Union. Weitere Austritte seien nicht zu befürchten, weil die Lage Großbritanniens abschreckend wirke, sagte Verhofstadt der Deutschen Presse-Agentur.

"Die Leute sind vielleicht kritisch, aber sie wollen nicht den Schlamassel, den wir jetzt in Großbritannien sehen", sagte der ehemalige belgische Ministerpräsident, der jetzt im Europaparlament die Fraktion der Liberalen führt. "Der Brexit ist zuerst einmal eine Chance, der öffentlichen Meinung klar zu machen, dass das nicht der beste Weg ist."