In Nordirland finden am heutigen Donnerstag vorgezogene Parlamentswahlen statt. Nötig geworden sind sie nach dem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition, dieses wieder hervorgerufen durch den Rücktritt von Vize-Regierungschef Martin McGuinness von der katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein. An den Mehrheitsverhältnissen dürfte der Urnengang aber nichts Wesentliches ändern.

Gewählt muss werden, weil McGuinness' Rücktritt automatisch auch Regierungschefin Arlene Foster von der Democratic Unionist Party (DUP) ihren Posten kostete. Dieser Effekt geht auf eine Regelung im Friedensabkommen von 1998 zurück, wonach gilt, dass die Macht zwischen den katholisch-republikanischen Kräften und den pro-britischen protestantischen Unionisten geteilt wird. Das hat zur Folge, dass bei einer Vakanz des Postens des Vize-Regierungschefs automatisch auch die Funktion des Regierungschefs ihre Grundlage verliert.

Millionenbeträge versickert

Der vorangegangene Streit zwischen den Regierungspartnern hatte sich an einem Förderprogramm für erneuerbare Energien entzündet, das in der Amtszeit Fosters als Wirtschaftsministerin eingefädelt worden war und aus dem Millionenbeträge versickert sein sollen.

McGuinness zog sich nach seinem Rücktritt völlig aus der Politik zurück. Er begründete das damit, dass er seit Monaten gegen eine Krankheit kämpfe, gab aber keine Einzelheiten darüber preis. Seine Nachfolgerin als Vizeregierungschefin wird die 40-jährige Michelle O'Neill sein. Sie gilt als überzeugte irische Nationalistin und Befürworterin eines vereinigten Irlands, hat aber anders als McGuinness keine Erfahrungen im Untergrundkampf der IRA, sie kam erst nach dem Karfreitagsabkommen von 1998 in die Politik.

Beobachter erwarten von der Wahl keine wesentlichen Änderungen der gegenwärtigen Mehrheitsverhältnisse. DUP und Sinn Fein halten im Moment gemeinsam eine solide Mehrheit von 66 der 108 Sitze im Stormont, der parlamentarischen Versammlung Nordirlands. Sie dürften stärkste Parteien bleiben, die anderen im Parlament vertretenen Parteien, allen voran die Ulster Unionist Party (UUP) and die Social Democratic and Labour Party (SDLP), hoffen, von der Unzufriedenheit der Wähler über den Zwist der Regierungspartner zu profitieren.

Angesichts der Tatsache, dass sich die tief zerstrittenen Koalitionspartner nach der Wahl sehr wahrscheinlich wieder zu Regierungsverhandlungen genötigt sehen werden, wird mancherorts auch bereits das Schreckgespenst einer Rückkehr zur Regierung Nordirlands von London aus beschworen - kommt die Regierungskrise für Premierministerin Theresa May doch zur absoluten Unzeit: Sie will Ende März die förmliche EU-Austrittserklärung ihres Landes nach Brüssel schicken und hat versprochen, dafür eng auch mit der Regionalregierung in Belfast zusammenzuarbeiten - die es dazu aber auch geben muss. Ein Ende der regionalen Selbstverwaltung in Nordirland wäre jedenfalls auch ein heftiger Rückschlag im Bemühen um eine Aussöhnung zwischen Katholiken und Protestanten in der Region