"Die Bundesregierung muss ein Einreiseverbot für Erdogan und die türkische Regierung in Deutschland verhängen", sagte die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen der "Bild"-Zeitung (Mittwochsausgabe).

"Sie dürfen hier keinen Wahlkampf für Diktatur und Todesstrafe machen", sagte Dagdelen mit Blick auf einen möglichen Wahlkampfauftritt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor dem umstrittenen Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems im April in der Türkei. Die Bundesregierung müsse auch "Sanktionen gegen Erdogan und seinen Clan, wie etwa die Sperrung von Konten, prüfen".

Zudem müssten die Verhandlungen über einen EU-Beitritt und die Ausweitung der Zollunion mit der Regierung in Ankara "sofort auf Eis gelegt werden", sagte die Linken-Politikerin. Außerdem forderte Dagdelen, dass die Bundeswehr "aus der Türkei abgezogen werden" müsse. "Es kann nicht sein, dass in einem Land deutsche Soldaten stationiert und gleichzeitig deutsche Journalisten inhaftiert sind."

Kein Wahlauftritt Erdogans

Auch der CSU-Außenexperte Hans-Peter Uhl fordert Konsequenzen: "Ein Wahlkampfauftritt Erdogans in Deutschland kommt überhaupt nicht in Frage - erst recht nicht nach dem Fall Yücel. Mit seiner autokratischen und anti-demokratischen Politik und seinem umstrittenen Referendum für eine Präsidial-Diktatur treibt Erdogan die Türkei in den Ruin." Die Festnahme Yücels sei "unverhältnismäßig". Der Journalist müsse "sofort" freikommen.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), forderte ebenfalls die sofortige Freilassung Yücels. "Die Inhaftierung ist ein klarer Fall von Willkür-Justiz. "Ein Präsident, der so etwas zulässt, ist als Gast in Deutschland nicht mehr willkommen", sagte Mayer der "Bild"-Zeitung.

Für ein Einreiseverbot für türkische Regierungsmitglieder sprach sich auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner aus. Deutschland und seine europäischen Partner sollten "das Verhältnis zur Türkei neu bewerten", sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben). "Wenn die Regierung Erdogan nicht zu einem kooperativen Verhältnis und europäischen Werten zurückkehrt, sollten ihren Vertretern die Einreise zu öffentlichen Auftritten bei uns verwehrt werden."

Gauck verurteilt "Attacke auf Pressefreiheit"

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat indes die Inhaftierung des Journalisten scharf verurteilt. "Wir können in Deutschland nicht nachvollziehen, warum diese Attacke auf die Pressefreiheit notwendig ist. Uns fehlt das Verständnis", sagte Gauck am Dienstagabend vor Korrespondenten ausländischer Medien im Schloss Bellevue.

"Was derzeit in der Türkei passiert, weckt erhebliche Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben will", betonte Gauck.

"Welt"-Korrespondent Yücel, der einen deutschen und türkischen Pass hat, war am Montag nach 13 Tagen im Polizeigewahrsam in Untersuchungshaft genommen worden. Ihm wird Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung vorgeworfen.

"Ich habe große Besorgnis", sagte Gauck, der am 18. März aus dem Amt scheidet. Jede Regierung in Deutschland werde immer ein Anwalt der Pressefreiheit sein - "und auch der Präsident". Bei seinem Besuch in der Türkei 2014 hatte Gauck mit Kritik am damaligen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan heftige Reaktionen ausgelöst.

Kritik auch aus Österreich

Auch Österreichs Politiker, allen voran Außenminister Sebastian Kurz, fordern die Freilassung des Journalisten. Heute meldete sich dazu SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zu Wort. Die Verhaftung Yücels sei "demokratiepolitisch unerträglich" und "nicht einmal mehr ansatzweise rechtsstaatlich". Erdogan zeige immer mehr diktatorische Züge.