Nachrichtlich beherrscht wurde der Sonntag von Trumps eskalierender Auseinandersetzung mit den Medien. Er beschuldigte sie in massiver Form, böswillig die Zuschauerzahlen bei seiner Vereidigung zu niedrig dargestellt zu haben. In diesem Zusammenhang sprach er bei einem Besuch bei der CIA von einem "fortlaufenden Krieg" mit den Medien, die sich entschieden gegen die neuen Anschuldigungen verwahrten und Trump seinerseits direkt wissentliche Verbreitung von Unwahrheiten vorwarfen.
Millionen protestierten gegen Trump
Am Samstag hatte es in den USA, aber auch im Ausland Proteste gegen den neuen Präsidenten mit anscheinend insgesamt Millionen Teilnehmern gegeben. Allein in Washington versammelten sich Hunderttausende zu einer der größten Demonstrationen in den USA seit langem. Noch größer, auf 750.000 Menschen, wurde die Menge in Los Angeles geschätzt. In New York waren es 250.000. Hohe Zahlen wurden auch von Anti-Trump-Kundgebungen in London und Paris gemeldet. Die Demonstranten forderten die Wahrung von Menschen- und Bürgerrechten und traten gegen Hass und Intoleranz ein. Kleiner waren Veranstaltungen in Berlin, Frankfurt, München und Heidelberg. Auch in Wien versammelten sich am Samstag laut Polizei rund 2.500 Menschen vor der Karlskirche und zogen zum Platz der Menschenrechte vor dem Museumsquartier.
Mit seiner grimmigen Antrittsrede, in der er eine schonungslose Interessenpolitik ankündigte, hatte Trump bereits bestehende Sorgen im Ausland verstärkt. Er sagte unter anderem: "Wir sind heute hier zusammengekommen, um ein neues Dekret zu erlassen, das man in jeder Stadt, in jeder ausländischen Hauptstadt und in jedem Machtzentrum hören soll. Vom heutigen Tag an wird eine neue Vision unser Land regieren. Vom heutigen Tag an wird es nur noch 'Amerika zuerst' heißen, 'Amerika zuerst'." Vom Zustand der USA zeichnete er ein tiefschwarzes Bild.
In einer seiner ersten Amtshandlungen unterschrieb Trump eine Anordnung, die in der Praxis auf eine Abschaffung der in Obamas Gesundheitsreform verankerten Versicherungspflicht für alle hinauslaufen könnte. Ein von Trump und seinen Republikanern versprochener Ersatz für "Obamacare" ist aber nicht in Sicht.
Für Montag und die kommenden Tage sind weitere Erlasse Trumps zu erwarten, für die der Präsident den Kongress nicht braucht. Ihre Stoßrichtung dürften die Themen Mauerbau zu Mexiko, Grenzsicherheit generell und Handel sein.
Im Mittelpunkt der neuen Auseinandersetzung Trumps mit den Medien stehen Vergleiche der Zuschauermenge bei Trumps Vereidigung und der von Obama vor acht Jahren. Nach Trumps Verfälschungsvorwürfen bei einem Besuch bei der CIA schlug sein Sprecher Sean Spicer im Weißen Haus wütend in die gleiche Kerbe. Er ging so weit, den Medien mit Konsequenzen zu drohen, wenn sich nichts ändere. Der Auftritt war sehr ungewöhnlich.
"Es wird in den Medien viel über die Verantwortung der Medien geredet, den Präsidenten rechenschaftspflichtig zu machen", sagte Spicer. "Und ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass dies eine Zweibahnstraße ist. Wir werden die Medien ebenfalls rechenschaftspflichtig machen. Das amerikanische Volk hat Besseres verdient."
Vergleichende Luftaufnahmen kurz vor den Vereidigungen belegen, dass die Besucherzahl bei Obamas Amtseinführung 2009 viel höher gewesen war. Spicer nannte die Bilder manipulativ. Derartige Versuche seien "schändlich". Trump habe "das größte Publikum angezogen, das es jemals bei einer Inauguration gegeben hat". Trumps Sprecherin Kellyanne Conway verteidigte Spicers Äußerungen am Sonntag in einer NBC-Sendung als "alternative Fakten".
Die von Trump und Spicer angefochtenen Bildausschnitte sind indessen identisch. Die Washingtoner Metro meldete zudem für Trumps Angelobungstag deutlich geringere Fahrgastzahlen als bei Obama 2009. Offizielle Zahlen für den 20. Jänner gibt es noch nicht.
Als erste Kabinettsmitglieder wurden der neue Verteidigungsminister James Mattis sowie tHeimatschutzminister John Kelly vereidigt. Beide sind ehemalige Generäle der US-Streitkräfte. Mattis steht für einen kritischeren Umgang mit Russland als Trump ihn angekündigt hatte.
Auch erste Besuche sind vereinbart. Nach Angaben des Weißen Hauses wird am Freitag die britische Premierministerin Theresa May als erster ausländischer Regierungschef Trump treffen. May bereitet gerade den Austritt ihres Landes aus der EU (Brexit) vor und hat deutlich gemacht, dass sie einen harten Schnitt ohne Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt will. Trump hat das Brexit-Votum der Briten gelobt und versprochen, schnell ein bilaterales Handelsabkommen mit dem Königreich abzuschließen. Spicer sagte, Trump habe mit dem mexikanischen Präsidenten Enrique Pena Nieto über Sicherheit und Einwanderung geredet. Er wird am 31. Jänner zu einem Besuch bei Trump erwartet.
Ausländische Politiker reagierten zunächst verhalten. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte auf einen Umgang mit Respekt auf der Basis gemeinsamer Werte. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kritisierte Trump wegen scharfer Töne in seiner Antrittsrede. "Das waren harsche Worte, nicht nur für die Ohren der Weltgemeinschaft, sondern auch für die dabei anwesenden ehemaligen US-Präsidenten", sagte von der Leyen dem Düsseldorfer "Handelsblatt" (Montagsausgabe).
Laut der Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard könnte Trump der Weltwirtschaft und auch ihrem Land schaden. Angst habe sie nicht, aber Respekt. Sie zähle darauf, dass sich Trump seiner großen Verantwortung bewusst sei, sagte Leuthard im Interview mit "Blick-Online". Man müsse Präsident Trump nun aber starten lassen. Ein Wahlkampf sei etwas anderes als die Amtsführung.
Man werde schnell sehen, in welche Richtung es geht. "Wenn er sich weiterhin so verhält wie im Wahlkampf, dann müssen wir uns Sorgen machen." Zu dem von Trump angesprochenen Protektionismus sagte die Christdemokratin (CVP): "Je nachdem, wie die konkreten Maßnahmen dann aussehen werden, wird das sowohl der Weltwirtschaft als auch der Schweiz schaden."
Japans Regierungschef Shinzo Abe gratulierte Trump "von Herzen" und freute sich auf Zusammenarbeit, um "Frieden und Wohlstand der Asien-Pazifik Region sicherzustellen". Papst Franziskus wandte sich gegen ein zu schnelles Urteil über Trump.
Kurz vor dem ersten Telefonat Trumps mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu hat sich das Weiße Haus zurückhaltend über mögliche Pläne einer Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem geäußert. "Wir stehen selbst bei den Diskussionen über das Thema noch ganz am Anfang", sagte Sprecher Spicer am Sonntag. Trump hatte vor seinem Amtsantritt versprochen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die US-Botschaft "schnell" von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Daraufhin hatten unter anderen die UNO und die EU vor einem weiteren Rückschlag bei den Bemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung gewarnt.