Den Neubau hatten die Staats- und Regierungschefs schon 2004 beschlossen. In jenem Jahr wuchs die EU durch die sogenannte Osterweiterung auf einen Schlag von 15 auf 25 Mitglieder. Das bisherige Ratsgebäude "Justus Lipsius" platzt seitdem aus allen Nähten, denn in ihm finden nicht nur pro Jahr 4.000 Gipfel, Ministerräte und andere Regierungstreffen statt, jeder der nunmehr 28 Mitgliedstaaten hat dort auch eigene Büros für seine Diplomaten. Und hinzu kommt noch die eigentliche Ratsverwaltung.

Das mit 374 LED-Leuchten bestückte "Weltraum-Ei" hat nach offizieller Lesart die Form einer Vase oder Laterne. Das futuristische Innere umgibt eine würfelförmige Fassade aus Holzfenstern verschiedenster Größen. Sie stammen aus "renovierten oder abgerissenen Gebäuden in den EU-Mitgliedstaaten", erklärt der Rat und sieht in der Wiederverwendung der Bauteile auch ein Signal der Nachhaltigkeit.

Ab März

Herzstück der "Vase" ist ein großer Konferenzraum, in dem Teppich und Plafond mit Rechtecken in psychedelisch wirkenden Farben bestückt sind. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden hier voraussichtlich erstmals im März die Weichen für Europa stellen.

Eine offizielle Einweihungsfeier ist nicht vorgesehen, wenn die Außenminister sich am Montag in der Früh im neuen Gebäude versammeln. Getagt haben dort bereits die EU-Botschafter.

Kritisiert werden vielfach die beengteren Verhältnisse in den Sitzungssälen. Für Mitarbeiter ist weniger Platz, Minister und Regierungschefs der 28 EU-Staaten sitzen dagegen bei den Treffen nun deutlich näher beieinander. "Anders als im riesigen alten Saal können die sich jetzt in die Augen schauen", sagt ein Diplomat.

Der belgische Architekt Philippe Samyn pocht darauf, dass der Bau für all das stehe, was Europa im positiven Sinne ausmache, seitdem es nach dem Zeiten Weltkrieg den Weg der Einigung des Kontinents beschritten hat. "Ich wollte einen Treffpunkt, der Freude ausstrahlt, damit Menschen, die mit vielen Problemen hereinkommen, Luft zum Atmen bekommen."

Die Fassade mit insgesamt 3750 Fenstern solle die "Vielfalt" der EU ausdrücken, weil sie aus allen Mitgliedstaaten kämen, sagt der Architekt; und auch "Einheit", weil sie nun für den Bau des Europa-Gebäudes wiederverwendet würden. Gleichzeitig solle die durchsichtige Fassade "ein klares Signal der Transparenz" aussenden.

Kosten von 321 Millionen Euro

Der hintere Teil des "Europa-Gebäudes" besteht aus dem alten "Residenz-Palast", ein Art-Deco-Block, der früher der belgischen Regierung als Ministeriumssitz diente und den Deutschen während der Besatzung im Zweiten Weltkrieg als Hauptquartier.

Ursprünglich sollte der Neubau 240 Millionen Euro kosten. Nun sind es 321 Millionen Euro, was zum Teil die Inflationsentwicklung widerspiegele, sagt Ratsgeneraldirektor William Shapcott. Die wirklichen Mehrkosten beliefen sich auf eine "Handvoll Prozente" - im Vergleich zu anderen Großprojekten "nichts Dramatisches".

Der frühere britische Premierminister David Cameron sah das nicht so und verspottete den Neubau in Zeiten des Sparzwangs als "goldenen Käfig" für die EU-Spitzen. Inzwischen hat sich der Brite mit der beißenden Europa-Kritik über das von ihm angesetzte Brexit-Referendum selbst aus dem Amt befördert. Die Diplomaten der anderen Mitgliedstaaten treibt nun die Frage um, welches Land im neuen Gebäude die gut gelegenen Delegationsräume der Briten nach deren EU-Austritt bekommt.