Sie sind Sie Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung der OSZE – einer Organisation, der selbst ihr Generalsekretär Lamberto Zannier nachsagt: „Sie ist gespalten“. Kann Österreich in dem Jahr, in dem es nun den Vorsitz führt, überhaupt etwas bewirken?
CHRISTINE MUTTONEN: Wir haben 57 Mitgliedsstaaten – von Kanada bis hin zur Mongolei. Das ist ein komplexes Gebilde, aber Diplomatie bewirkt da immer noch eine Menge. Etwa in der Ost-Ukraine, wo wir uns auf eine 1000-Mann-starke OSZE-Mission einigen konnten, die dafür sorgt, dass sich der Konflikt nicht weiter ausbreitet. Im Vergleich zur Situation 2014 stellt das eine eindeutige Verbesserung für die Menschen vor Ort dar.
Europa liegt mit der Türkei wegen der Aushöhlung der Demokratie im Streit. Gleichzeitig braucht man Ankara als Partner in der Flüchtlingskrise. Welchen Weg wird man hier wählen?
Ich selbst habe nach dem gescheiterten Putschversuch eine Delegation der OSZE in die Türkei geleitet, wo wir unsere Kritik an den extremen Maßnahmen der Regierung deutlich gemacht haben. Dennoch sind wir mit der türkischen Seite übereingekommen, grade in diesen schwierigen Zeiten den Dialog miteinander nicht abzubrechen. Und es wäre gut, wenn auch Außenminister Kurz mit der Türkei einen Weg des Dialogs und der Zusammenarbeit findet.
Seit elf Jahren gab es keine gemeinsame Erklärung der OSZE-Außenminister. Wird man es heuer schaffen?
Der Kampf gegen Terrorismus und gewaltbereiten Extremismus wird jedenfalls ein Thema. Und neben der Versammlung der Außenminister gibt es noch die Parlamentarische Versammlung, die eben keine Einstimmigkeit für ihre Beschlüsse braucht. Resolutionen und Deklarationen können mit Mehrheit beschlossen werden, was mutigere und flexiblere Entscheidungen ermöglicht. Außerdem geht es darum, den öffentlichen Diskurs zu bestimmen. Die zunehmende Konfrontation zwischen Russland und der NATO wird von Männern bestimmt. Hier will ich Politikerinnen und Sicherheitsexpertinnen stärker in die Sicherheitspolitik der OSZE einbringen.
Thomas Cik